音楽におけるユダヤ性 (1869) 冊子版ドイツ語全文

Full text of "Wagner, Richard - Das Judentum in der Musik (1869)"
Richard Wagner
 音楽におけるユダヤ性 (1869) 冊子版
リヒャルト・ワーグナー

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Das Judentum in der Musik Von 
Richard Wagner 
Leipzig Verlagsbuchhandlung von JJ. Weber 
1869

A n

Frau Marie Muchanoff

geborene

Gräfin Nesselrode.

Hochverehrte Frau !

Vor Kurzem wurde mir aus einem Gespräche, an welchem Sie
teilnahmen, Ihre verwunderungsvolle Frage nach dem Grunde
der Ihnen unbegreiflich dünkenden, so ersichtlich auf Herab-
setzung ausgehenden Feindseligkeit berichtet, welcher jede mei-
ner künstlerischen Leistungen, namentlich in der Tagespresse,
nicht nur Deutschlands, sondern auch Frankreichs und selbst
Englands, begegne. Hie und da ist mir selbst in dem Referate
eines uneingeweihten Neulings der Presse die gleiche Verwun-
derung aufgestoßen: man glaubte meinen Kunsttheorien etwas
zur Unversöhnlichkeit Aufreizendes zusprechen zu müssen, da
sonst nicht zu verstehen sei, wie gerade ich so unabläßlich,
und bei jeder Gelegenheit, ohne alles Bedenken in die Kategorie
des Frivolen, einfach Stümperhaften herabgesetzt, und dieser
mir angewiesenen Stellung gemäß behandelt würde.

Es wird aus der folgenden Mitteilung, welche ich als Beant-
wortung Ihrer Erage mir gestatte. Ihnen nicht nur hierüber ein
Licht aufgehen, sondern namentlich werden Sie aus ihr sich
auch entnehmen dürfen, warum ich selbst zu dieser Aufklärung
mich anlassen muß. Da Sie mit jener Verwunderung nämlich
nicht allein stehen, fühle ich die Aufforderung, die nötige Ant-
wort zugleich auch an viele Andere, und deshalb öffentlich, zu
geben: einem meiner Ereunde konnte ich dies aber nicht über-
tragen, da ich keinen von Ihnen in solch unabhängiger und
wohlgeschützter Stellung weiß, daß ich ihm die gleiche Eeind-

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Seligkeit zuzuziehen wagen dürfte, welcher ich nun einmal
verfallen bin, und gegen welche ich mich so wenig wehren
kann, daß mir in ihrem Betreff nichts Anderes übrig bleibt,
als eben nur ihren Grund meinen Freunden genau zu bezeich-
nen .

Auch ich selbst kann hierzu nicht ohne Beklemmung mich
anlassen: jedoch rührt diese nicht von der Furcht vor meinen
Feinden her, (denn da hier mir nicht das Mindeste zu hoffen
bleibt, habe ich auch Nichts zu fürchten!), sondern vielmehr
von der besorglichen Rücksicht auf hingebende, wahrhaft sym-
pathische Freunde, welche das Schicksal mir aus der Stamm-
verwandtschaft desselben national-religiösen Elementes der
neueren europäischen Gesellschaft zuführte, dessen unversöhn-
lichen Haß ich mir durch die Besprechung seiner so schwer
vertilgbaren, unsrer Kultur nachteiligen Eigentümlichkeiten zu-
gezogen habe. Hiergegen konnte mich aber die Erkenntnis des-
sen ermutigen, daß diese seltenen Ereunde mit mir auf ganz
gleichem Boden stehen, ja, daß sie unter dem Drucke, dem
alles mir Gleiche verfallen ist, noch empfindlicher, selbst
schmählicher zu leiden haben: denn ich kann meine Darstellung
nicht ganz verständlich zu machen hoffen, wenn ich nicht
eben auch diesen, alle freie Bewegung lähmenden Druck der
herrschenden jüdischen Gesellschaft auf die wahrhaft humane
Entwicklung ihrer eigenen Stammverwandten mit der nötigen
Klarheit beleuchte.

Somit sei Ihnen zunächst mit dem Eolgenden ein Aufsatz
aus meiner Eeder mitgeteilt, welchen ich vor nun über achtzehn
Jahren veröffentlichte.

Das Judentum in der Musik

( 1850 )

In der Neuen Zeitschrift für Musik kam unlängst ein "hebräi-
scher Kunstgeschmack" zur Sprache: eine Anfechtung und eine
Verteidigung dieses Ausdruckes konnten und durften nicht aus-
bleiben. Es dünkt mich nun nicht unwichtig, den hier zu Grunde
liegenden, von der Kritik immer nur noch versteckt oder im
Ausbruche einer gewissen Erregtheit berührten Gegenstand nä-
her zu erörtern. Hierbei wird es nicht darauf ankommen, etwas
Neues zu sagen, sondern die unbewußte Empfindung, die sich

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im Volke als innerlichste Abneigung gegen jüdisches Wesen
kundgibt, zu erklären, somit etwas wirklich Vorhandenes deut-
lich auszusprechen, keineswegs aber etwas Unwirkliches durch
die Kraft irgendwelcher Einbildung künstlich beleben zu wollen.

  • Die Kritik verfährt wider ihre Natur, wenn sie in Angriff
    oder Verteidigung etwas Anderes will.

Da wir den Grund der volkstümlichen Abneigung auch
unsrer Zeit gegen jüdisches Wesen uns hier lediglich in Bezug
auf die Kunst, und namentlich die Musik, erklären wollen,
haben wir der Erläuterung derselben Erscheinung auf dem Eelde
der Religion und Politik gänzlich vorüberzugehen. In der Reli-
gion sind uns die Juden längst keine hassenswürdigen Eeinde
mehr, - Dank allen Denen, welche innerhalb der christlichen
Religion selbst den Volkshaß auf sich gezogen haben! In der
reinen Politik sind wir mit den Juden nie in wirklichen Konflikt
geraten; wir gönnten ihnen selbst die Errichtung eines jerusale-
mischen Reiches, und hatten in dieser Beziehung eher zu be-
dauern, daß Herr v. Rothschild zu geistreich war, um sich zum
König der Juden zu machen, wogegen er bekanntlich es vorzog:
"der Jude der Könige" zu bleiben. Anders verhält es sich da,
wo die Politik zur Präge der Gesellschaft wird: hier hat uns die
Sonderstellung der Juden seit ebenso lange als Aufforderung
zu menschlicher Gerechtigkeitsübung gegolten, als in uns selbst
der Drang nach sozialer Befreiung zu deutlicherem Bewußtsein
erwachte. Als wir für Emanzipation der Juden stritten, waren
wir aber doch eigentlich mehr Kämpfer für ein abstraktes
Prinzip, als für den konkreten Pall: wie all unser Liberalismus
ein nicht sehr hellsehendes Geistesspiel war, indem wir für
die Preiheit des Volkes uns ergingen ohne Kenntnis dieses
Volkes, ja mit Abneigung gegen jede wirkliche Berührung mit
ihm, so entsprang auch unser Eifer für die Gleichberechtigung
der Juden viel mehr aus der Anregung eines allgemeinen Ge-
dankens, als aus einer realen Sympathie; denn bei allem Reden
und Schreiben für Judenemanzipation fühlten wir uns bei wirk-
licher, tätiger Berührung mit Juden von diesen stets unwillkür-
lich abgestoßen.

Hier treffen wir denn auf den Punkt, der unsrem Vorhaben
uns näherbringt: wir haben uns das unwillkürlich Abstoßende,
welches die Persönlichkeit und das Wesen der Juden für uns
hat, zu erklären, um diese instinktmäßige Abneigung zu recht-

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fertigen, von welcher wir doch deutlich erkennen, daß sie
stärker und überwiegender ist, als unser bewußter Eifer, dieser
Abneigung uns zu entledigen. Noch jetzt belügen wir uns in
dieser Beziehung nur absichtlich, wenn wir es für verpönt und
unsittlich halten zu müssen glauben, unsren natürlichen Wi-
derwillen gegen jüdisches Wesen öffentlich kundzugeben. Erst
in neuester Zeit scheinen wir zu der Einsicht zu gelangen, daß
es vernünftiger sei, von dem Zwange jener Selbsttäuschung
uns frei zu machen, um dafür ganz nüchtern den Gegenstand
unsrer gewaltsamen Sympathie zu betrachten, und unsren, trotz
aller liberalen Vorspiegelungen bestehenden, Widerwillen gegen
ihn uns zum Verständnis zu bringen. Wir gewahren nun zu
unsrem Erstaunen, daß wir bei unsrem liberalen Kampfe in
der Luft schwebten und mit Wolken fochten, während der
schöne Boden der ganz realen Wirklichkeit einen Aneigner
fand, den unsre Luftsprünge zwar sehr unterhielten, der uns
aber doch für viel zu albern hält, um hierfür uns durch einiges
Ablassen von diesem usurpierten realen Boden zu entschädigen.
Ganz unvermerkt ist der "Gläubiger der Könige" zum König
der Gläubigen geworden, und wir können nun die Bitte dieses
Königs um Emanzipierung nicht anders als ungemein naiv
finden, da wir vielmehr uns in die Notwendigkeit versetzt
sehen, um Emanzipierung von den Juden zu kämpfen. Der
Jude ist nach dem gegenwärtigen Stande der Dinge dieser
Welt wirklich bereits mehr als emanzipiert: er herrscht, und
wird so lange herrschen, als das Geld die Macht bleibt, vor
welcher all unser Tun und Treiben seine Kraft verliert. Daß
das geschichtliche Elend der Juden und die räuberische Rohheit
der christlich-germanischen Gewalthaber den Söhnen Israels
diese Macht selbst in die Hände geführt haben, braucht hier
nicht erst erörtert zu werden. Daß aber die Unmöglichkeit, auf
Grundlage derjenigen Stufe, auf welche jetzt die Entwicklung
der Künste gelangt ohne gänzliche Veränderung dieser Grund-
lage Natürliches, Notwendiges und wahrhaft Schönes weiter zu
bilden, den Juden auch den öffentlichen Kunstgeschmack unsrer
Zeit zwischen die geschäftigen Einger gebracht hat, davon
haben wir die Gründe hier etwas näher zu betrachten. Was
den Herren der römischen und mittelalterlichen Welt der leib-
eigene Mensch in Plack und Jammer gezinst hat, das setzt
heut zu Tage der Jude in Geld um: wer merkt es den unschuldig

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aussehenden Papierchen an, daß das Blut zahlloser Geschlechter
an ihnen klebt? Was die Heroen der Künste dem kunstfeindli-
chen Dämon zweier unseliger Jahrtausende mit unerhörter,
Lust und Leben verzehrender Anstrengung abrangen, setzt heute
der Jude in Kunstwarenwechsel um: wer sieht es den manierli-
chen Kunststückchen an, daß sie mit dem heiligen Notschweiße
des Genies zweier Jahrtausende geleimt sind? -

Wir haben nicht erst nötig, die Verjüdung der modernen
Kunst zu bestätigen; sie springt in die Augen und bestätigt
sich den Sinnen von selbst. Viel zu weit ausholend würden wir
auch verfahren müssen, wollten wir uns aus dem Charakter
unsrer Kunstgeschichte selbst diese Erscheinung nachweislich
zu erklären unternehmen. Dünkt uns aber das Notwendigste
die Emanzipation von dem Drucke des Judentumes, so müssen
wir es vor Allem für wichtig erachten, unsre Kräfte zu diesem
Befreiungskämpfe zu prüfen. Diese Kräfte gewinnen wir aber
nun nicht aus einer abstrakten Definition jener Erscheinung
selbst, sondern aus dem genauen Bekanntwerden mit der Natur
der uns innewohnenden unwillkürlichen Empfindung, die sich
uns als instinktmäßiger Widerwille gegen das jüdische Wesen
äußert: an ihr, der unbesieglichen, muß es uns, wenn wir sie
ganz unumwunden eingestehen, deutlich werden, was wir an
jenem Wesen hassen; was wir dann bestimmt kennen, dem
können wir die Spitze bieten; ja schon durch seine nackte
Aufdeckung dürfen wir hoffen, den Dämon aus dem Eelde zu
schlagen, auf dem er sich nur im Schutze eines dämmerigen
Halbdunkels zu halten vermag, eines Dunkels, das wir gutmüti-
gen Humanisten selbst über ihn warfen, um uns seinen Anblick
minder widerwärtig zu machen.

Der Jude, der bekanntlich einen Gott ganz für sich hat, fällt
uns im gemeinen Leben zunächst durch seine äußere Erschei-
nung auf, die, gleichviel welcher europäischen Nationalität
wir angehören, etwas dieser Nationalität unangenehm Eremd-
artiges hat: wir wünschen unwillkürlich mit einem so ausse-
henden Menschen Nichts gemein zu haben. Dies mußte bisher
als ein Unglück für den Juden gelten: in neuerer Zeit erkennen
wir aber, daß er bei diesem Unglücke sich ganz wohl fühlt;

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nach seinen Erfolgen darf ihm seine Unterschiedenheit von
uns als eine Auszeichnung dünken. Der moralischen Seite in
der Wirkung dieses an sich unangenehmen Naturspieles vor-
übergehend, wollen wir hier nur auf die Kunst bezüglich er-
wähnen, daß dieses Äußere uns nie als ein Gegenstand der
darstellenden Kunst denkbar sein kann: wenn die bildende
Kunst Juden darstellen will, nimmt sie ihre Modelle meist aus
der Phantasie, mit weislicher Veredelung oder gänzlicher Hin-
weglassung alles dessen, was uns im gemeinen Leben die jüdische
Erscheinung eben charakterisiert. Nie verirrt sich der Jude
aber auf die theatralische Bühne: die Ausnahmen hiervon sind
der Zahl und der Besonderheit nach von der Art, daß sie die
allgemeine Annahme nur bestätigen. Wir können uns auf der
Bühne keinen antiken oder modernen Charakter, sei es ein
Held oder ein Liebender, von einem Juden dargestellt denken,
ohne unwillkürlich das bis zur Lächerlichkeit Ungeeignete einer
solchen Vorstellung zu empfinden.^ Dies ist sehr wichtig: einen
Menschen, dessen Erscheinung wir zu künstlerischer Kundge-
bung, nicht in dieser oder jener Persönlichkeit, sondern allge-
meinhin seiner Gattung nach, für unfähig halten müssen, dürfen
wir zur künstlerischen Äußerung seines Wesens überhaupt eben-
falls nicht für befähigt halten.

Ungleich wichtiger, ja entscheidend wichtig ist jedoch die
Beachtung der Wirkung auf uns, welche der Jude durch seine
Sprache hervorbringt; und namentlich ist dies der wesentliche
Anhaltspunkt für die Ergründung des jüdischen Einflusses auf
die Musik. - Der Jude spricht die Sprache der Nation, unter
welcher er von Geschlecht zu Geschlecht lebt, aber er spricht
sie immer als Ausländer. Wie es von hier abliegt, uns mit den
Gründen auch dieser Erscheinung zu befassen, dürfen wir eben-

1 Hierüber läßt sich nach den neueren Erfahrungen von der Wirksamkeit
jüdischer Schauspieler allerdings noch Manches sagen, worauf ich hier im
Vorbeigehen nur hindeute. Den Juden ist es seitdem nicht nur gelungen,
auch die Schaubühne einzunehmen, sondern selbst dem Dichter seine dra-
matischen Geschöpfe zu escamotieren; ein berühmter jüdischer Charakter-
spieler stellt nicht mehr die gedichteten Gestalten Shakespeares, Schillers
usw. dar, sondern substituiert diesen die Geschöpfe einer eigenen effektvol-
len und nicht ganz tendenziösen Auffassung, was dann etwa den Eindruck
macht, als oh aus einem Gemälde der Kreuzigung der Heiland ausgeschnitten,
und dafür ein demagogischer Jude hineingesteckt sei. Die Eälschung unsrer
Kunst ist auf der Buhne bis zur vollendeten Täuschung gelungen, weshalb
denn auch jetzt über Shakespeare und Genossen nur noch in Betreff ihrer
bedingungsweisen Verwendbarkeit für die Bühne gesprochen wird.

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so die Anklage der christlichen Zivilisation unterlassen, welche
den Juden in seiner gewaltsamen Absonderung erhielt, als wir
andererseits durch die Berührung der Erfolge dieser Absonde-
rung, die Juden auch keinesweges zu bezichtigen im Sinne
haben können. Dagegen liegt es uns hier ob, den ästhetischen
Charakter dieser Ergebnisse zu beleuchten. - Zunächst muß im
Allgemeinen der Umstand, daß der Jude die modernen euro-
päischen Sprachen nur wie erlernte, nicht als angeborene Spra-
chen redet, ihn von aller Eähigkeit, in ihnen sich seinem Wesen
entsprechend, eigentümlich und selbständig kundzugeben, aus-
schließen. Eine Sprache, ihr Ausdruck und ihre Eortbildung
ist nicht das Werk Einzelner, sondern einer geschichtlichen
Gemeinsamkeit: nur wer unbewußt in dieser Gemeinsamkeit
aufgewachsen ist, nimmt auch an ihren Schöpfungen teil. Der
Jude stand aber außerhalb einer solchen Gemeinsamkeit, ein-
sam mit seinem Jehova in einem zersplitterten, bodenlosen
Volks stamme, welchem alle Entwicklung aus sich versagt bleiben
mußte, wie selbst die eigentümliche (hebräische) Sprache dieses
Stammes ihm nur als eine tote erhalten ist. In einer fremden
Sprache wahrhaft zu dichten, ist nun bisher selbst den größten
Genies noch unmöglich gewesen. Unsere ganze europäische
Zivilisation und Kunst ist aber für den Juden eine fremde
Sprache geblieben; denn, wie an der Ausbildung dieser, hat er
auch an der Entwicklung jener nicht teilgenommen, sondern
kalt, ja feindselig hat der Unglückliche, Heimatlose ihr höchstens
nur zugesehen. In dieser Sprache, dieser Kunst kann der Jude
nur nachsprechen, nachkünsteln, nicht wirklich redend dichten
oder Kunstwerke schaffen.

Im Besonderen widert uns nun aber die rein sinnliche
Kundgebung der jüdischen Sprache an. Es hat der Kultur nicht
gelingen wollen, die sonderliche Hartnäckigkeit des jüdischen
Naturells in Bezug auf Eigentümlichkeiten der semitischen Aus-
sprechweise durch zweitausendjährigen Verkehr mit europäi-
schen Nationen zu brechen. Als durchaus fremdartig und un-
angenehm fällt unsrem Ohre zunächst ein zischender, schril-
lender, summsender und murksender Lautausdruck der jüdi-
schen Sprechweise auf: eine unsrer nationalen Sprache gänzlich
uneigentümliche Verwendung und willkürliche Verdrehung der
Worte und der Phrasenkonstruktionen gibt diesem Lautaus-
druck vollends noch den Charakter eines unerträglich verwirr-

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ten Geplappers, bei dessen Anhörung unsre Aufmerksamkeit
unwillkürlich mehr bei diesem widerlichen Wie, als bei dem
darin enthaltenen Was der jüdischen Rede verweilt. Wie aus-
nehmend wichtig dieser Umstand zur Erklärung des Eindrucks
namentlich der Musikwerke moderner Juden auf uns ist, muß
vor Allem erkannt und festgehalten werden. Hören wir einen
Juden sprechen, so verletzt uns unbewußt aller Mangel rein
menschlichen Ausdrucks in seiner Rede: die kalte Gleichgültig-
keit des eigentümlichen "Gelabbers" in ihr steigert sich bei
keiner Veranlassung zur Erregtheit höherer, herzdurchglühter
Leidenschaft. Sehen wir uns dagegen im Gespräch mit einem
Juden zu diesem erregteren Ausdrucke gedrängt, so wird er
uns stets ausweichen, weil er zur Erwiderung unfähig ist. Nie
erregt sich der Jude im gemeinsamen Austausche der Empfin-
dungen mit uns, sondern uns gegenüber, nur im ganz besonderen
egoistischen Interesse seiner Eitelkeit oder seines Vorteils, was
solcher Erregtheit, bei dem entstellenden Ausdruck seiner
Sprechweise überhaupt, dann immer den Charakter des Lä-
cherlichen gibt, und uns Alles, nur nicht Sympathie, für des
Redenden Interesse zu erwecken vermag. Muß es schon denkbar
erscheinen, daß bei gemeinschaftlichen Anliegenheiten unter
einander, und namentlich da, wo in der Eamilie die rein
menschliche Empfindung zum Durchbruche kommt, gewiß auch
Juden ihren Gefühlen einen Ausdruck zu geben vermögen, der
für sie gegenseitig von entsprechender Wirkung ist, so kann
das doch hier nicht in Betrachtung kommen, wo wir den Juden
zu vernehmen haben, der im Lebens- und Kunstverkehr gera-
dewegs zu uns spricht.

Macht nun die hier dargetane Eigenschaft seiner Sprechwei-
se den Juden fast unfähig zur künstlerischen Kundgebung seiner
Gefühle und Anschauungen durch die Rede, so muß zu solcher
Kundgebung durch den Gesang seine Befähigung noch bei wei-
tem weniger möglich sein. Der Gesang ist eben die in höchster
Leidenschaft erregte Rede: die Musik ist die Sprache der Lei-
denschaft. Steigert der Jude seine Sprechweise, in der er sich
uns nur mit lächerlich wirkender Leidenschaftlichkeit, nie aber
mit sympathisch berührender Leidenschaft zu erkennen geben
kann, gar zum Gesang, so wird er uns damit geradewegs unaus-
stehlich. Alles, was in seiner äußeren Erscheinung und seiner
Sprache uns abstoßend berührte, wirkt in seinem Gesänge auf

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uns endlich davonjagend, so lange wir nicht durch die vollen-
dete Lächerlichkeit dieser Erscheinung gefesselt werden sollten.
Sehr natürlich gerät im Gesänge, als dem lebhaftesten und
unwiderleglich wahrsten Ausdrucke des persönlichen Empfin-
dungswesens, die für uns widerliche Besonderheit der jüdischen
Natur auf ihre Spitze, und auf jedem Gebiete der Kunst, nur
nicht auf demjenigen, dessen Grundlage der Gesang ist, sollten
wir, einer natürlichen Annahme gemäß, den Juden je für kunst-
befähigt halten dürfen.

Die sinnliche Anschauungsgabe der Juden ist nie vermögend
gewesen, bildende Künstler aus ihnen hervorgehen zu lassen:
ihr Auge hat sich von je mit viel praktischeren Dingen befaßt,
als da Schönheit und geistiger Gehalt der förmlichen Erschei-
nungswelt sind. Von einem jüdischen Architekten oder Bild-
hauer kennen wir in unsren Zeiten, meines Wissens, Nichts:
ob neuere Maler jüdischer Abkunft in ihrer Kunst wirklich
geschaffen haben, muß ich Kennern von Each zur Beurteilung
überlassen; sehr vermutlich dürften aber diese Künstler zur
bildenden Kunst keine andere Stellung einnehmen, als diejenige
der modernen jüdischen Komponisten zur Musik ist, zu deren
genauerer Beleuchtung wir uns nun wenden.

Der Jude, der an sich unfähig ist, weder durch seine äußere
Erscheinung, noch durch seine Sprache, am allerwenigsten aber
durch seinen Gesang, sich uns künstlerisch kundzugeben, hat
nichtsdestoweniger es vermocht, in der verbreitetsten der mo-
dernen Kunstarten, der Musik, zur Beherrschung des öffentli-
chen Geschmackes zu gelangen. - Betrachten wir, um uns diese
Erscheinung zu erklären, zunächst, wie es dem Juden möglich
ward, Musiker zu werden. -

Von der Wendung unsrer gesellschaftlichen Entwicklung
an, wo mit immer unumwundenerer Anerkennung das Geld
zum wirklich machtgebenden Adel erhoben ward, konnte den
Juden, denen Geldgewinn ohne eigentliche Arbeit, d. h. der
Wucher, als einziges Gewerbe überlassen worden war, das Adels-
diplom der neueren, nur noch geldbedürftigen Gesellschaft
nicht nur nicht mehr vorenthalten werden, sondern sie brachten
es ganz von selbst dahin mit. Unsre moderne Bildung, die nur
dem Wohlstände zugänglich ist, blieb ihnen daher um so weni-
ger verschlossen, als sie zu einem käuflichen Luxusartikel her-
abgesunken war. Von nun an tritt also der gebildete Jude in

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unsrer Gesellschaft auf, dessen Unterschied vom ungebildeten,
gemeinen Juden wir genau zu beachten haben. Der gebildete
Jude hat sich die undenklichste Mühe gegeben, alle auffälligen
Merkmale seiner niederen Glaubensgenossen von sich abzu-
streifen: in vielen Fällen hat er es selbst für zweckmäßig gehalten,
durch die christliche Taufe auf die Verwischung aller Spuren
seiner Abkunft hinzuwirken. Dieser Eifer hat den gebildeten
Juden aber nie die erhofften Früchte gewinnen lassen wollen:
er hat nur dazu geführt, ihn vollends zu vereinsamen, und ihn
zum herzlosesten aller Menschen in einem Grade zu machen,
daß wir selbst die frühere Sympathie für das tragische Geschick
seines Stammes verlieren mußten. Für den Zusammenhang
mit seinen ehemaligen Feidensgenossen, den er übermütig zer-
riß, blieb es ihm unmöglich einen neuen Zusammenhang mit
der Gesellschaft zu finden, zu welcher er sich aufschwang. Er
steht nur mit denen in Zusammenhang, welche sein Geld be-
dürfen: nie hat es aber dem Gelde gelingen wollen, ein gedei-
henvolles Band zwischen Menschen zu knüpfen. Fremd und
teilnahmslos steht der gebildete Jude inmitten einer Gesell-
schaft, die er nicht versteht, mit deren Neigungen und Bestre-
bungen er nicht sympathisiert, deren Geschichte und Entwick-
lung ihm gleichgültig geblieben sind. In solcher Stellung haben
wir unter den Juden Denker entstehen sehen: der Denker ist
der rückwärtsschauende Dichter; der wahre Dichter ist aber
der vorverkündende Prophet. Zu solchem Prophetenamte befä-
higt nur die tiefste, seelenvollste Sympathie mit einer großen
gleichstrebenden Gemeinsamkeit, deren unbewußten Ausdruck
der Dichter eben nach seinem Inhalte deutet. Von dieser Ge-
meinsamkeit der Natur seiner Stellung nach gänzlich ausge-
schlossen, aus dem Zusammenhänge mit seinem eigenen Stam-
me gänzlich herausgerissen, konnte dem vornehmeren Juden
seine eigene erlernte und bezahlte Bildung nur als Fuxus gelten,
da er im Grunde nicht wußte, was er damit anfangen sollte.
Ein Teil dieser Bildung waren nun aber auch unsre modernen
Künste geworden, und unter diesen namentlich diejenige Kunst,
die sich am leichtesten eben erlernen läßt, die Musik, und
zwar die Musik, die, getrennt von ihren Schwesterkünsten durch
den Drang und die Kraft der größten Genies auf die Stufe
allgemeinster Ausdrucksfähigkeit erhoben worden war, auf wel-
cher sie nun entweder, im neuen Zusammenhänge mit den

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anderen Künsten, das Erhabenste, oder bei fortgesetzter Tren-
nung von jenen, nach Belieben auch das Allergleichgültigste
und Trivialste aussprechen konnte. Was der gebildete Jude in
seiner bezeichneten Stellung auszusprechen hatte, wenn er
künstlerisch sich kundgeben wollte, konnte natürlich eben nur
das Gleichgültige und Triviale sein, weil sein ganzer Trieb zur
Kunst ja nur ein luxuriöser, unnötiger war. Jenachdem seine
Laune, oder ein außerhalb der Kunst liegendes Interesse es
ihm eingab, konnte er so, oder auch anders sich äußern; denn
nie drängte es ihn, ein Bestimmtes, Notwendiges und Wirkliches
auszusprechen; sondern er wollte gerade eben nur sprechen,
gleichviel was, so daß ihm natürlich nur das Wie als besorgens-
wertes Moment übrig blieb.

Die Möglichkeit, in ihr zu reden, ohne etwas Wirkliches zu
sagen, bietet jetzt keine Kunst in so blühender Fülle, als die
Musik, weil in ihr die größten Genies bereits das gesagt haben,
was in ihr als absoluter Sonderkunst zu sagen war. War dieses
einmal ausgesprochen, so konnte in ihr nur noch nachgeplap-
pert werden, und zwar ganz peinlich genau und täuschend
ähnlich, wie Papageien menschliche Wörter und Reden nach-
papeln, aber ebenso ohne Ausdruck und wirkliche Empfindung,
wie diese närrischen Vögel es tun. Nur ist bei dieser nachäffen-
den Sprache unsrer jüdischen Musikmacher eine besondere
Eigentümlichkeit bemerkbar, und zwar die der jüdischen
Sprechweise überhaupt, welche wir oben näher charakterisier-
ten.

Wenn die Eigentümlichkeiten dieser jüdischen Sprech- und
Singweise in ihrer grellsten Sonderlichkeit vor Allem den
stammtreu gebliebenen gemeineren Juden zugehören, und der
gebildete Jude mit unsäglichster Mühe sich ihrer zu entledigen
sucht, so wollen sie doch nichtsdestoweniger mit impertinenter
Hartnäckigkeit auch an diesem haften bleiben. Ist dieses Miß-
geschick rein physiologisch zu erklären, so erhellt sein Grund
aber auch noch aus der berührten gesellschaftlichen Stellung
des gebildeten Juden. Mag all unsre Luxuskunst auch fast ganz
nur noch in der Luft unsrer willkürlichen Phantasie schweben,
eine Faser des Zusammenhanges mit ihrem natürlichen Boden,
dem wirklichen Volksgeiste, hält sie doch immer noch nach
unten fest. Der wahre Dichter, gleichviel in welcher Kunstart
er dichte, gewinnt seine Anregung immer nur noch aus der

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getreuen, liebevollen Anschauung des unwillkürlichen Lebens,
dieses Lebens, das sich ihm nur im Volke zur Erscheinung
bringt. Wo findet der gebildete Jude nun dieses Volk? Unmöglich
auf dem Boden der Gesellschaft, in welcher er seine Künstlerrolle
spielt? Hat er irgend einen Zusammenhang mit dieser Gesell-
schaft, so ist dies eben nur mit jenem, von ihrem wirklichen,
gesunden Stamme gänzlich losgelösten Auswüchse derselben;
dieser Zusammenhang ist aber ein durchaus liebloser, und
diese Lieblosigkeit muß ihm immer offenbarer werden, wenn
er, um Nahrung für sein künstlerisches Schaffen zu gewinnen,
auf den Boden dieser Gesellschaft hinabsteigt: nicht nur wird
ihm hier Alles fremder und unverständlicher, sondern der un-
willkürliche Widerwille des Volkes gegen ihn tritt ihm hier mit
verletzendster Nacktheit entgegen, weil er nicht, wie bei den
reicheren Klassen, durch Berechnung des Vorteils und Beach-
tung gewisser gemeinschaftlicher Interessen geschwächt oder
gebrochen ist. Von der Berührung mit diesem Volke auf das
Empfindlichste zurückgestoßen, jedenfalls gänzlich unvermö-
gend, den Geist dieses Volkes zu fassen, sieht sich der gebildete
Jude auf die Wurzel seines eigenen Stammes hingedrängt, wo
ihm wenigstens das Verständnis unbedingt leichter fällt. Wol-
lend oder nicht wollend, muß er aus diesem Quelle schöpfen;
aber nur ein Wie, nicht ein Was, hat er ihm zu entnehmen.
Der Jude hat nie eine eigene Kunst gehabt, daher nie ein
Leben von kunstfähigem Gehalte: ein Gehalt, ein allgemeingül-
tiger menschlicher Gehalt ist diesem auch jetzt vom Suchenden
nicht zu entnehmen, dagegen nur eine sonderliche Ausdrucks-
weise, und zwar eben diese Ausdrucksweise, welche wir oben
näher charakterisierten. Dem jüdischen Tonsetzer bietet sich
nun- als einziger musikalischer Ausdruck seines Volkes die
musikalische Eeier seines Jehovadienstes dar: die Synagoge ist
der einzige Quell, aus welchem der Jude ihm verständliche
volkstümliche Motive für seine Kunst schöpfen kann. Mögen
wir diese musikalische Gottesfeier in ihrer ursprünglichen Rein-
heit auch noch so edel und erhaben uns vorzustellen gesonnen
sein, so müssen wir desto bestimmter ersehen, daß diese Rein-
heit nur in allerwiderwärtigster Trübung auf uns gekommen
ist: hier hat sich seit Jahrtausenden Nichts aus innerer Lebens-
fülle weiterentwickelt, sondern Alles ist, wie im Judentum über-
haupt, in Gehalt und Eorm starr haften geblieben. Eine Eorm,

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welche nie durch Erneuerung des Gehaltes belebt wird, zerfällt
aber; ein Ausdruck, dessen Inhalt längst nicht mehr lebendiges
Gefühl ist, wird sinnlos und verzerrt sich. Wer hat nicht Gele-
genheit gehabt, von der Fratze des gottesdienstlichen Gesanges
in einer eigentlichen Volks-Synagoge sich zu überzeugen? Wer
ist nicht von der widerwärtigsten Empfindung, gemischt von
Grauenhaftigkeit und Lächerlichkeit, ergriffen worden beim
Anhören jenes Sinn und Geist verwirrenden Gegurgels, Gejodels
und Geplappers, das keine absichtliche Karikatur widerlicher
zu entstellen vermag, als es sich hier mit vollem, naivem Ernste
darbietet? In der neueren Zeit hat sich der Geist der Reform
durch die versuchte Wiederherstellung der älteren Reinheit in
diesen Gesängen zwar auch rege gezeigt: was von Seiten der
höheren, reflektierenden jüdischen Intelligenz hier geschah,
ist aber eben nur ein, seiner Natur nach fruchtloses Bemühen
von Oben herab, welches nach Unten nie in dem Grade Wurzel
fassen kann, daß dem gebildeten Juden, der eben für seinen
Kunstbedarf die eigentliche Quelle des Lebens im Volke aufsucht
der Spiegel seiner intelligenten Bemühungen als diese Quelle
entgegenspringen könnte. Er sucht das Unwillkürliche, und nicht
das Reflektierte, welches eben sein Produkt ist; und als dieses
Unwillkürliche gibt sich ihm gerade nur jener verzerrte Ausdruck
kund .

Ist dieses Zurückgehen auf den Volksquell bei dem gebilde-
ten Juden, wie bei jedem Künstler überhaupt, ein absichtsloses,
durch die Natur der Sache mit unbewußter Notwendigkeit ge-
botenes, so trägt sich auch der hier empfangene Eindruck eben
so unbeabsichtigt, und daher mit unüberwindlicher Beherr-
schung seiner ganzen Anschauungsweise, auf seine Kunstpro-
duktionen über. Jene Melismen" und Rhythmen des Synago-
gengesanges nehmen seine musikalische Phantasie ganz in der
Weise ein, wie das unwillkürliche Innehaben der Weisen und
Rhythmen unsres Volksliedes und Volkstanzes die eigentliche
gestaltende Kraft der Schöpfer unsrer Kunstgesang- und
Instrumental-Musik ausmachte. Dem musikalischen Wahrneh-
mungsvermögen des gebildeten Juden ist daher aus dem weiten
Kreise des Volkstümlichen wie Künstlerischen in unsrer Musik
nur Das erfaßbar, was ihn überhaupt als verständlich anmutet:
verständlich, und zwar so verständlich, daß er es künstlerisch
zu verwenden vermöchte, ist ihm aber nur Dasjenige, was

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durch irgend eine Annäherung jener jüdisch-musikalischen Ei-
gentümlichkeit ähnelt. Würde der Jude bei seinem Hinhorchen
auf unser naives, wie bewußt gestaltendes musikalisches Kunst-
wesen, das Herz und den Lebensnerven desselben zu ergründen
sich bemühen, so müßte er aber inne werden, daß seiner musi-
kalischen Natur hier in Wahrheit nicht das Mindeste ähnelt,
und das gänzlich Fremdartige dieser Erscheinung müßte ihn
dermaßen zurückschrecken, daß er unmöglich den Mut zur
Mitwirkung bei unsrem Kunstschaffen sich erhalten könnte.
Seine ganze Stellung unter uns verführt den Juden jedoch nicht
zu so innigem Eindringen in unser Wesen: entweder mit Absicht
(sobald er seine Stellung zu uns erkennt,) oder unwillkürlich
(sobald er uns überhaupt gar nicht verstehen kann,) horcht er
daher auf unser Kunstwesen und dessen lebengebenden inneren
Organismus nur ganz oberflächlich hin, und vermöge dieses
teilnahmlosen Hinhorchens allein können sich ihm äußerliche
Ähnlichkeiten mit dem seiner Anschauung einzig Verständli-
chen, seinem besonderen Wesen Eigentümlichen, darstellen.
Ihm wird daher die gefälligste Äußerlichkeit der Erscheinungen
auf unsrem musikalischen Lebens- und Kunstgebiete als deren
Wesen gelten müssen, daher seine Empfängnisse davon, wenn
er sie als Künstler uns zurückspiegelt, uns fremdartig, kalt,
sonderlich, gleichgültig, unnatürlich und verdreht erscheinen,
so daß jüdische Musikwerke auf uns oft den Eindruck hervor-
bringen, als ob z. B. ein Goethesches Gedicht im jüdischen
Jargon uns vorgetragen würde.

Wie in diesem Jargon mit wunderlicher Ausdruckslosigkeit
Worte und Konstruktionen durcheinandergeworfen werden, so
wirft der jüdische Musiker auch die verschiedenen Formen
und Stilarten aller Meister und Zeiten durch einander. Dicht
neben einander treffen wir da im buntesten Chaos die formellen
Eigentümlichkeiten aller Schulen angehäuft. Da es sich bei
diesen Produktionen immer nur darum handelt, daß überhaupt
geredet werden soll, nicht aber um den Gegenstand, welcher
sich des Redens erst verlohnte, so kann dieses Geplapper eben
auch nur dadurch irgendwie für das Gehör anregend gemacht
werden, daß es durch den Wechsel der äußerlichen Ausdrucks-
weise jeden Augenblick eine neue Reizung zur Aufmerksamkeit
darbietet. Die innerliche Erregung, die wahre Leidenschaft fin-
det ihre eigentümliche Sprache in dem Augenblicke, wo sie,

14

nach Verständnis ringend, zur Mitteilung sich anläßt: der in
dieser Beziehung von uns bereits näher charakterisierte Jude
hat keine wahre Leidenschaft, am allerwenigsten eine Leiden-
schaft, welche ihn zum Kunstschaffen aus sich drängte. Wo
diese Leidenschaft nicht vorhanden ist, da ist aber auch keine
Ruhe anzutreffen: wahre, edle Ruhe ist nichts Anderes, als die
durch Resignation beschwichtigte Leidenschaft. Wo der Ruhe
nicht die Leidenschaft vorangegangen ist, erkennen wir nur
Trägheit: der Gegensatz der Trägheit ist aber nur jene prickelnde
Unruhe, die wir in jüdischen Musikwerken von Anfang bis zu
Ende wahrnehmen, außer da, wo sie jener geist- und empfin-
dungslosen Trägheit Platz macht. Was so der Vornahme der
Juden, Kunst zu machen, entsprießt, muß daher- notwendig
die Eigenschaft der Kälte, der Gleichgültigkeit, bis zur Trivialität
und Lächerlichkeit an sich haben, und wir müssen die Periode
des Judentums in der modernen Musik geschichtlich als die
der vollendeten Unproduktivität, der verkommenden Stabilität
bezeichnen.

An welcher Erscheinung wird uns dies Alles klarer, ja an
welcher konnten wir es einzig fast inne werden, als an den
Werken eines Musikers jüdischer Abkunft, der von der Natur
mit einer spezifisch musikalischen Begabung ausgestattet war,
wie wenige Musiker überhaupt vor ihm? Alles, was sich bei
der Erforschung unsrer Antipathie gegen jüdisches Wesen der
Betrachtung darbot, aller Widerspruch dieses Wesens in sich
selbst und uns gegenüber, alle Unfähigkeit desselben, außerhalb
unsres Bodens stehend, dennoch auf diesem Boden mit uns
verkehren, ja sogar die ihm entsprossenen Erscheinungen wei-
terentwickeln zu wollen, steigern sich zu einem völlig tragischen
Konflikt in der Natur, dem Leben und Kunstwirken des frühe
verschiedenen Felix Mendelssohn-Bartholdy . Dieser hat uns
gezeigt, daß ein Jude von reichster spezifischer Talentfülle
sein, die feinste und mannigfaltigste Bildung, das gesteigertste,
zartestempfindende Ehrgefühl besitzen kann, ohne durch die
Hilfe aller dieser Vorzüge es je ermöglichen zu können, auch
nur ein einziges Mal die tiefe, Herz und Seele ergreifende Wir-
kung auf uns hervorzubringen, welche wir von der Kunst er-
warten, weil wir sie dessen fähig wissen, weil wir diese Wirkung
zahllos oft empfunden haben, sobald ein Heros unsrer Kunst,
so zu sagen, nur den Mund auftat, um zu uns zu sprechen.

15

Kritikern von Fach, welche hierüber zu gleichem Bewußtsein
mit uns gelangt sein sollten, möge es überlassen sein, diese
zweifellos gewisse Erscheinung aus den Einzelheiten der Men-
delssohnschen Kunstproduktionen nachweislich zu bestätigen:
uns genüge es hier, zur Verdeutlichung unsrer allgemeinen Emp-
findung uns zu vergegenwärtigen, daß bei Anhörung eines Ton-
stückes dieses Komponisten wir uns nur dann gefesselt fühlen
konnten, wenn nichts Anderes als unsre, mehr oder weniger
nur unterhaltungssüchtige Phantasie, durch Vorführung, Rei-
hung, und Verschlingung der feinsten, glättestenl und kunstfer-
tigsten Eiguren, wie im wechselnden Earben- und Eormenreize
des Kaleidoskopes, vorgeführt wurden, - nie aber da, wo diese
Eiguren die Gestalt tiefer und markiger menschlicher Herzens-
empfindungen anzunehmen bestimmt waren. Eür diesen letz-
teren Eall hörte für Mendelssohn selbst alles formelle Produk-
tionsvermögen auf, weshalb er denn namentlich da, wo er
sich, wie im Oratorium, zum Drama anläßt, ganz offen nach
jeder formellen Einzelheit, welche diesem oder jenem zum Stil-
muster gewählten Vorgänger als individuell charakteristisches
Merkmal besonders zu eigen war, greifen mußte. Bei diesem
Verfahren ist es noch bezeichnend, daß der Komponist für
seine ausdrucksunfähige moderne Sprache besonders unsren
alten Meister Bach als nachzuahmendes Vorbild sich erwählte.
Bachs musikalische Sprache bildete sich in einer Periode unsrer
Musikgeschichte, in welcher die allgemeine musikalische Spra-
che eben noch nach der Eähigkeit individuelleren, sichreren
Ausdruckes rang: das rein Eormelle, Pedantische haftete noch
so stark an ihr, daß ihr rein menschlicher Ausdruck bei Bach,
durch die ungeheure Kraft seines Genies, eben erst zum Durch-
bruche kam. Die Sprache Bachs steht zur Sprache Mozarts,
und endlich Beethovens in dem Verhältnisse, wie die ägyptische
Sphinx zur griechischen Menschenstatue: wie die Sphinx mit
dem menschlichen Gesicht aus dem Tierleibe erst noch heraus-
strebt, so strebt Bachs edler Menschenkopf aus der Perücke
hervor. Es liegt eine unbegreiflich gedankenlose Verwirrung
des luxuriösen Musikgeschmackes unsrer Zeit darin, daß wir
die Sprache Bachs neben derjenigen Beethovens ganz zu gleicher
Zeit uns vorsprechen lassen, und uns weismachen können, in
den Sprachen Beider läge nur ein individuell formeller, keines-
wegs aber ein kulturgeschichtlich wirklicher Unterschied vor.

16

Der Grund hiervon ist aber leicht einzusehen: die Sprache
Beethovens kann nur von einem vollkommenen, ganzen, war-
men Menschen gesprochen werden, weil sie eben die Sprache
eines so vollendeten Musikmenschen war, daß dieser mit not-
wendigem Drange über die absolute Musik hinaus, deren Be-
reich er bis an seine äußeren Grenzen ermessen und erfüllt
hatte, uns den Weg der Befruchtung aller Künste durch die
Musik als ihre einzige erfolgreiche Erweiterung angewiesen
hat.Die Sprache Bachs hingegen kann füglich von einem sehr
fertigen Musiker, wenn auch nicht im Sinne Bachs, nachge-
sprochen werden, weil das Formelle in ihr noch das Überwie-
gende, und der reinmenschliche Ausdruck noch nicht das so
bestimmt Vorherrschende ist, daß in ihr bereits unbedingt
nur das Was ausgesagt werden könnte oder müßte, da sie eben
noch in der Gestaltung des Wie begriffen ist. Die Zerflossenheit
und Willkürlichkeit unsres musikalischen Stiles ist durch Men-
delssohns Bemühen, einen unklaren, fast nichtigen Inhalt so
interessant und geistblendend wie möglich auszusprechen,
wenn nicht herbeigeführt, so doch auf die höchste Spitze ge-
steigert worden. Rang der Letzte in der Kette unsrer wahrhaften
Musikheroen, Beethoven, mit höchstem Verlangen und wun-
derwirkendem Vermögen nach klarstem, sicherstem Ausdrucke
eines unsäglichen Inhaltes durch scharfgeschnittene plastische
Gestaltung seiner Tonbilder, so verwischt dagegen Mendelssohn
in seinen Produktionen diese gewonnenen Gestalten zum zerflie-
ßenden, phantastischen Schattenbilde, bei dessen unbestimm-
ten Farbenschimmer unsre launenhafte Einbildungskraft will-
kürlich angeregt, unser reinmenschliches inneres Sehnen nach
deutlichem künstlerischen Schauen aber kaum nur mit der
Hoffnung auf Erfüllung berührt wird. Nur da, wo das drückende
Gefühl von dieser Unfähigkeit sich der Stimmung des Kompo-
nisten zu bemächtigen scheint, und ihn zu dem Ausdrucke
weicher und schwermütiger Resignation hindrängt, vermag sich
uns Mendelssohn charakteristisch darzustellen, charakteri-
stisch in dem subjektiven Sinne seiner zartsinnigen Individua-
lität, die sich der Unmöglichkeit gegenüber ihre Ohnmacht
eingesteht. Dies ist wie wir sagten, der tragische Zug in Men-
delssohns Erscheinung; und wenn wir auf dem Gebiete der
Kunst an die reine Persönlichkeit unsre Teilnahme verschenken
wollten, so dürften wir sie Mendelssohn in starkem Maße nicht

17

versagen, selbst wenn die Kraft dieser Teilnahme durch die
Beachtung geschwächt würde, daß das Tragische seiner Situa-
tion Mendelssohn mehr anhing, als es ihm zum wirklichen,
schmerzlichen und läuternden Bewußtsein kam.

Eine ähnliche Teilnahme vermag aber kein anderer jüdi-
scher Komponist uns zu erwecken. Ein weit und breit berühmter
jüdischer Tonsetzer unsrer Tage hat sich mit seinen Produktio-
nen einem Teile unsrer Öffentlichkeit zugewendet, in welchem
die Verwirrung alles musikalischen Geschmackes von ihm we-
niger erst zu veranstalten, als nur noch auszubeuten war. Das
Publikum unsrer heutigen Operntheater ist seit längerer Zeit
nach und nach gänzlich von den Anforderungen abgebracht
worden, welche nicht etwa an das dramatische Kunstwerk
selbst, sondern überhaupt an Werke des guten Geschmackes
zu stellen sind. Die Räume dieser Unterhaltungslokale füllen
sich meistens nur mit jenem Teile unsrer bürgerlichen Gesell-
schaft, bei welchem der einzige Grund zur wechselnden Vor-
nahme irgend welcher Beschäftigung die Langeweile ist: die
Krankheit der Langeweile ist aber nicht durch Kunstgenüsse
zu heilen, denn sie kann absichtlich gar nicht zerstreut, sondern
nur durch eine andere Eorm der Langeweile über sich selbst
getäuscht werden. Die Besorgung dieser Täuschung hat nun
jener berühmte Opernkomponist zu seiner künstlerischen Le-
bensaufgabe gemacht. Es ist zwecklos, den Aufwand künstleri-
scher Mittel näher zu bezeichnen, deren er sich zur Erreichung
seiner Lebensaufgabe bediente: genug, daß er es, wie wir aus
dem Erfolge ersehen, vollkommen Versand, zu täuschen, und
dieses namentlich damit, daß er jenen von uns näher charak-
terisierten Jargon seiner gelangweilten Zuhörerschaft^ als mo-
dern pikante Aussprache aller der Trivialitäten aufheftete, wel-
che ihr so wiederholt oft schon in ihrer natürlichen Albernheit
vorgeführt worden waren. Daß dieser Komponist auch auf
Erschütterungen und auf die Benutzung der Wirkung von einge-

2 Wer die freche Zerstreutheit und Gleichgültigkeit einer jüdischen Ge-
meinde während ihres musikalisch ausgeführten Gottesdienstes' in der Syn-
agoge beobachtet hat, kann begreifen, warum ein jüdischer Opernkomponist
durch das2 Antreffen derselben Erscheinung bei einem Theaterpublikum
sich gar nicht verletzt fühlt, und unverdrossen für dasselbel zu arbeiten
vermag, da sie ihm hier sogar minder unanständig dünken mug4 als im
Gotteshause.

18

wobenen Gefühlskatastrophen bedacht war, darf Niemanden
befremden, der da weiß, wie notwendig dergleichen von Ge-
langweilten gewünscht wird; daß hierin ihm seine Absicht
aber auch gelingt, darf denjenigen nicht wundern, der die
Gründe bedenkt, aus denen unter solchen Umständen ihm
Alles gelingen muß. Dieser täuschende Komponist geht sogar
so weit, daß er sich selbst täuscht, und dieses vielleicht eben
so absichtlich, als er seine Gelangweilten täuscht. Wir glauben
wirklich, daß er Kunstwerke schaffen möchte, und zugleich
weiß, daß er sie nicht schaffen kann: um sich aus diesem
peinlichen Konflikte zwischen Wollen und Können zu ziehen,
schreibt er für Paris Opern, und läßt diese dann leicht in der
übrigen Welt aufführen - heut zu Tage das sicherste Mittel,
ohne Künstler zu sein, doch Kunstruhm sich zu verschaffen.
Unter dem Drucke dieser Selbsttäuschung, welche nicht so mü-
helos sein mag, als man denken könnte, erscheint er uns fast
gleichfalls in einem tragischen Lichte: das rein Persönliche in
dem gekränkten Interesse macht die Erscheinung aber zu einer
tragikomischen, wie überhaupt das Kaltlassende, wirklich Lä-
cherliche, das Bezeichnende des Judentumes für diejenige Kund-
gebung desselben ist, in welcher der berühmte Komponist sich
uns in Bezug auf die Musik zeigt.

Aus der genaueren Betrachtung der vorgeführten Erschei-
nungen, welche wir durch die Ergründung und Rechtfertigung
unsres unüberwindlichen Widerwillens gegen jüdisches Wesen
verstehen lernen konnten, ergibt sich uns besonders nun die
dargetane Unfähigkeit unsrer musikalischen Kunstepoche. Hät-
ten die näher erwähnten beiden jüdischen Komponisten^ in

3 Charakteristisch ist noch die Stellung, welche die übrigen jüdischen
Musiker, ja überhaupt die gebildete Judenschaft, zu ihren beiden berühmte-
sten Komponisten einnehmen. Den Anhängern Mendelssohns ist jener fa-
mose Opernkomponist ein Greuel: sie empfinden mit feinem Ehrgefühle,
wie sehr er das Judentum dem gebildeteren Musiker gegenüber kompromit-
tiert, und sind deshalb ohne alle Schonung in ihrem Urteil. Bei weitem
vorsichtiger äußert sich dagegen der Anhang dieses Komponisten über
Mendelssohn, mehr mit Neid, als mit offenbarem Widerwillen das Glück
betrachtend, das er in der "gediegeneren" Musikwelt gemacht hat. Einer
dritten Eraktion, derjenigen der immer noch fortkomponierenden Juden,
liegt es, ersichtlich daran, jeden Skandal unter sich zu vermeiden, um sich
überhaupt nicht bloßzustellen, damit ihr Mosikproduzieren ohne alles pein-
liche Aufsehen seinen bequemen Eortgang nehme: die immerhin unleugba-
ren Erfolge des großen Opernkomponisten gelten ihnen denn doch für
beachtenswert, und Etwas müsse doch daran sein, wenn man auch Vieles
nicht gutheißen nod für "solid" ausgeben konnte. In Wahrheit, die Juden

19

Wahrheit unsre Musik zu höherer Blüte gefördert, so müßten
wir uns nur eingestehen, daß unser Zurückbleiben hinter ihnen
auf einer bei uns eingetretenen organischen Unfähigkeit beruhe:
dem ist aber nicht so; im Gegenteile stellt sich das individuelle
rein musikalische Vermögen gegen vergangene Kunstepochen
als eher vermehrt denn vermindert heraus. Die Unfähigkeit
liegt in dem Geiste unsrer Kunst selbst, welche nach einem
anderen Leben verlangt, als das künstliche es ist, das ihr müh-
sam jetzt erhalten wird. Die Unfähigkeit der musikalischen
Kunstart selbst wird uns in Mendelssohns, des spezifisch unge-
mein begabten Musikers, Kunstwirken dargetan; die Nichtigkeit
unsrer ganzen Öffentlichkeit, ihr durchaus unkünstlerisches
Wesen und Verlangen, wird uns aber aus den Erfolgen jenes
berühmten jüdischen Opernkomponisten auf das Ersichtlichste
klar. Dies sind die wichtigsten Punkte, die jetzt die Aufmerk-
samkeit eines Jeden, welcher es ehrlich mit der Kunst meint,
ausschließlich auf sich zu ziehen haben: hierüber haben wir
zu forschen, uns zu fragen, und zum deutlichen Verständnis
zu bringen. Wer diese Mühe scheut, wer sich von dieser Erfor-
schung abwendet, entweder weil ihn kein Bedürfnis dazu treibt,
oder weil er die mögliche Erkenntnis von sich ab weist, die ihn
aus dem trägen Geleise eines gedanken- und gefühllosen Schlen-
drians heraustreiben müßte, den eben begreifen wir jetzt mit
unter der Kategorie der "Judenschaft in der Musik". Dieser
Kunst konnten sich die Juden nicht eher bemächtigen, als bis
in ihr das darzutun war, was sie in ihr erweislich eben offenge-
legt haben: ihre innere Lebensunfähigkeit. So lange die musi-
kalische Sonderkunst ein wirkliches organisches Lebensbedürf-
nis in sich hatte, bis auf die Zeiten Mozarts und Beethovens,
fand sich nirgends ein jüdischer Komponist: unmöglich konnte
ein diesem Lebensorganismus gänzlich fremdes Element an
den Bildungen dieses Lebens teilnehmen. Erst wenn der innere
Tod eines Körpers offenbar ist, gewinnen die außerhalb liegen-
den Elemente die Kraft, sich seiner zu bemächtigen, aber nur
um ihn zu zersetzen; dann löst sich wohl das Eleisch dieses
Körpers in wimmelnde Viellebigkeit von Würmern auf: wer
möchte aber bei ihrem Anblick den Körper selbst noch für
lebendig halten? Der Geist, das ist: das Leben, floh von diesem

sind viel zu klug, um nicht zu wissen, wie es im Grunde mit ihnen steht! -

20

Körper hinweg zu wiederum Verwandtem, und dieses ist nur
das Leben selbst: nur im wirklichen Leben können auch wir
den Geist der Kunst wiederfinden, nicht bei ihrer Würmer-
zerfressenen Leiche. -

Ich sagte oben, die Juden hätten keinen wahren Dichter
hervorgebracht. Wir müssen nun hier Heinrich Heines erwäh-
nen. Zur Zeit, da Goethe und Schiller bei uns dichteten, wissen
wir allerdings von keinem dichtenden Juden: zu der Zeit aber,
wo das Dichten bei uns zur Lüge wurde, unsrem gänzlich Un-
poetischen Lebenselemente alles Mögliche, nur kein wahrer
Dichter mehr entsprießen wollte, da war es das Amt eines
sehr begabten dichterischen Juden, diese Lüge, diese bodenlose
Nüchternheit und jesuitische Heuchelei unsrer immer noch poe-
tisch sich gebaren wollenden Dichterei mit hinreißendem Spot-
te aufzudecken. Auch seine berühmten musikalischen Stam-
mesgenossen geißelte er unbarmherzig für ihr Vorgeben, Künst-
ler sein zu wollen; keine Täuschung hielt bei ihm vor: von
dem unerbittlichen Dämon des Verneinens dessen, was vernei-
nenswert schien, war der rastlos vorwärtsgejagt durch alle Illu-
sionen moderner Selbstbelügung hindurch, bis auf den Punkt,
wo er nun selbst wieder sich zum Dichter log, und dafür auch
seine gedichteten Lügen von unsren Komponisten in Musik
gesetzt erhielt. - Er war das Gewissen des Judentums, wie das
Judentum das üble Gewissen unsrer modernen Zivilisation ist.

Noch einen Juden haben wir zu nennen, der unter uns als
Schriftsteller auftrat. Aus seiner Sonderstellung als Jude trat er
Erlösung suchend unter uns: er fand sie nicht, und mußte sich
bewußt werden, daß er sie nur mit auch unsrer Erlösung zu
wahrhaften Menschen finden können wurde. Gemeinschaftlich
mit uns Mensch werden, heißt für den Juden aber zu allernächst
so viel als: aufhören, Jude zu sein. Börne hatte dies erfüllt.
Aber gerade Börne lehrt auch, wie diese Erlösung nicht in
Behagen und gleichgültig kalter Bequemlichkeit erreicht werden
kann, sondern daß sie, wie uns, Schweiß, Not, Ängste und
Eülle des Leidens und Schmerzes kostet. Nehmt rücksichtslos
an diesem durch Selbstvernichtung wiedergebärenden Erlö-
sungswerke teil, so sind wir einig und ununterschieden! Aber
bedenkt, daß nur Eines eure Erlösung von dem auf Euch lasten-
den Einehe sein kann: Die Erlösung Ahasvers, der Untergang!

21

Der mit dem Vorstehenden wesentlich unverändert mitgeteilte
Aufsatz erschien, wie ich anfangs erwähnte, vor etwas mehr
als achtzehn Jahren, und zwar in der Neuen Zeitschrift für
Musik.

Heute noch ist es mir fast unbegreiflich, wie mein nun
kürzlich verstorbener Freund Franz Br endet, der Herausgeber
jener Zeitschrift, es über sich vermocht hat, die Veröffentlichung
dieses Artikels zu wagen: jedenfalls war der so ernstlich gesinnte,
nur die Sache in das Auge fassende, durchaus redliche und
biedere Mann gar nicht der Meinung gewesen, hiermit etwas
Anderes zu tun, als eben, der Erörterung einer die Geschichte
der Musik betreffenden, sehr beachtenswerten Frage den uner-
läßlich gebührenden Raum gestattet zu haben. Dagegen belehrte
ihn nun der Erfolg, mit wem er es zu tun hatte. - Leipzig, an
dessen Konservatorium für Musik Brendel als Professor ange-
stellt war, hatte in Folge der langjährigen Wirksamkeit des
dort mit Recht und nach Verdienst geehrten Mendelssohn die
eigentliche musikalische Judentaufe erhalten: wie ein Bericht-
erstatter sich einmal beklagte, waren blonde Musiker dort zur
immer größeren Seltenheit geworden, und der sonst durch
seine Universität und seinen bedeutenden Buchhandel in allem
deutschen Wesen so regsam sich auszeichnende Ort verlernte
in Betreff der Musik sogar die natürlichsten Sympathien jedes,
sonst deutschen Städten so willig anhaftenden Lokalpatriotis-
mus; er ward ausschließlich Judenmusikweltstadt. Der Sturm,
welcher sich jetzt gegen Brendel erhob, stieg bis zur Bedrohung
seiner bürgerlichen Existenz: mit Mühe verdankte er es seiner
Festigkeit und ruhig sich betätigenden Überzeugung, daß man
ihn in seiner Stellung am Konservatorium belassen mußte.

Was ihm bald zu äußerlicher Ruhe verhalf, war eine sehr
charakteristische Wendung, welche die Angelegenheit nach dem
ersten unbedachten Aufbrausen des Zornes der Beleidigten
nahm .

Ich hatte keineswegs im Sinne gehabt, erforderlichen Falles
mich als den Verfasser des Aufsatzes zu verleugnen: nur wollte
ich verhüten, daß die von mir sehr ernstlich und objektiv
aufgefaßte Frage sofort in das rein Persönliche verschleppt
würde, was, meiner Meinung nach, alsbald zu erwarten stand,
wenn mein Name, also der "eines jedenfalls auf den Ruhm

22

Anderer neidischen Komponisten", von vornherein in das Spiel
gezogen wurde. Deshalb hatte ich den Artikel mit einem, ab-
sichtlich als solchen erkennbaren Pseudonym: K. Freigedank,
unterzeichnet. Brendel hatte ich in diesem Betreff meine Absicht
mitgeteilt: er war mutig genug, statt, wie dies sofort von befrei-
ender Wirkung für ihn gewesen wäre, den Sturm auf mich
hinüberzuleiten, diesen standhaft über sich ergehen zu lassen.
Bald erschienen mir Anzeichen dafür, ja deutliche Hinweisun-
gen darauf, daß man mich als den Verfasser erkannt hatte:
nie bin ich einer Bezichtigung in diesem Betreff mit einer
Ableugnung entgegengetreten. Hiermit erfuhr man genug, um
demzufolge die bisher eingehaltene Taktik gänzlich zu verän-
dern. Bisher war jedenfalls nur das gröbere Geschütz des Ju-
dentums gegen den Aufsatz in das Gefecht geführt worden: es
zeigte sich kein Versuch, in irgend geistvoller, ja nur geschickter
Weise eine Entgegnung zu Stande zu bringen. Gröbliche Anfälle,
und schimpfende Abwehr der dem Verfasser des Aufsatzes
untergelegten, für unsre aufgeklärten Zeiten so schmachvollen,
mittelalterlichen Judenhaß-Tendenz, waren das Einzige, was
neben absurden Verdrehungen und Eälschungen des Gesagten
zum Vorschein kam. Nun aber ward es anders. Jedenfalls nahm
sich das höhere Judentum der Sache an. Das Ärgerliche war
diesem überhaupt das erregte Aufsehen: sobald man meinen
Namen erfuhr, war durch ein Hineinziehen desselben nur noch
die Vermehrung dieses Aufsehens zu befürchten. Dieses ver-
meiden zu können war eben dadurch an die Hand gegeben,
daß ich meinem Namen einen Pseudonym substituiert hatte.
Es erschien nun rätlich, mich als den Verfasser des Aufsatzes
fortan zu ignorieren, und zugleich alles Gerede darüber selbst
aufhören zu lassen. Dagegen war ich ja an ganz anderen Seiten
anzufassen: ich hatte Kunstschriften veröffentlicht und Opern
geschrieben, welche letztere ich doch jedenfalls aufgeführt wis-
sen wollte. Meine systematische Verleumdung und Verfolgung
auf diesen Gebieten, mit gänzlichem Sekretieren der unange-
nehmen Judentumsfrage, versprach jedenfalls die erwünschte
Wirkung meiner Bestrafung.

Es wäre gewiß anmaßlich von mir, der ich damals gänzlich
zurückgezogen in Zürich lebte, wollte ich eine genauere Be-
zeichnung des inneren Getriebes der hiermit gegen mich ein-
geleiteten und in immer weiterer Verbreitung fortgesetzten,

23

umgekehrten Judenverfolgung versuchen. Nur die Erfahrungen,
welche Jedermann offenliegen, will ich berichten. Nach der
Aufführung des Lohengrin in Weimar, im Sommer , traten in
der Presse Männer von bedeutendem literarischen und künstle-
rischen Rufe, wie Adolf Stahr und Robert Franz, verheißungsvoll
hervor, um auf mich und mein Werk das deutsche Publikum
aufmerksam zu machen; selbst in Musikblättern von bedenkli-
cher Tendenz tauchten überraschend gewichtige Erklärungen
für mich auf. Dies geschah von Seiten jedes der verschiedenen
Verfasser aber genau nur einmal. Sofort verstummten sie wieder,
und benahmen sich im Verlaufe der Dinge sogar feindselig
gegen mich. Dagegen tauchte zunächst ein Ereund und Bewun-
derer des Herrn Eerdinand Hiller, ein Professor Bischoff, in
der Kölnischen Zeitung mit der Begründung des von jetzt an
gegen mich befolgten Systemes der Verleumdung auf: dieser
hielt sich an meine Kunstschriften, und verdrehte meine Idee
eines "Kunstwerkes der Zukunft" in die lächerliche Tendenz
einer "Zukunftsmusik", nämlich etwa einer solchen, welche
wenn sie jetzt auch schlecht klänge, mit der Zeit sich doch gut
ausnehmen würde. Des Judentums ward von ihm mit keinem
Worte erwähnt, im Gegenteil steifte er sich darauf, Christ und
Abkömmling eines Superintendenten zu sein. Dagegen hatte
ich Mozart, und selbst Beethoven für Stümper erklärt, wollte
die Melodie abschaffen, und künftig nur noch psalmodieren
lassen.

Sie werden, verehrte Erau, noch heute, sobald von "Zu-
kunftsmusik" die Rede ist, nichts Anderes vernehmen als diese
Sätze. Bedenken Sie, mit welch machtvoller Nachhaltigkeit diese
absurde Verleumdung aufrechterhalten und verbreitet worden
sein muß, da neben der wirklichen und populären Verbreitung
meiner Opern sie fast in der ganzen europäischen Presse, sobald
mein Name erwähnt wird, sofort als eben so unangefochten
wie unwiderlegbar, mit stets neu verjüngter Kraft, auftritt.

Da mir so unsinnige Theorien zugeschrieben werden konn-
ten, mußten natürlich auch die Musikwerke, welche aus ihnen
hervorgegangen, von widerlichster Beschaffenheit sein: ihr Er-
folg mochte sein, welcher er wollte, immer blieb die Presse
dabei, meine Musik müsse so abscheulich sein wie meine Theo-
rie. Hierauf war nun der Nachdruck zu legen. Die eigentliche
gebildete Intelligenz mußte für diese Ansicht gewonnen werden.

24

Dies ward durch einen Wiener Juristen erreicht, welcher großer
Musikfreund und Kenner der Hegelschen Dialektik war, außer-
dem aber durch seine, wenn auch zierlich verdeckte, jüdische
Abkunft besonders zugänglich befunden wurde. Auch Er war
einer von Denjenigen, welche sich anfänglich mit fast enthu-
siastischer Neigung für mich erklärt hatten, seine Umtaufe ge-
schah so plötzlich und gewaltsam, daß ich darüber völlig er-
schrocken war. Dieser schrieb nun ein Libell über das
Musikalisch-Schöne, in welchem er für den allgemeinen Zweck
des Musikjudentums mit außerordentlichem Geschick verfuhr.
Zunächst täuschte er durch eine höchst zierliche dialektische
Form, welche ganz nach feinstem philosophischen Geiste aus-
sah, die gesamte Wiener Intelligenz bis zu der Annahme, es sei
denn wirklich einmal ein Prophet aus ihr hervorgegangen:
und dieses war die beabsichtigte Hauptwirkung. Denn was er
mit dieser eleganten dialektischen Färbung überzog, waren
die trivialsten Gemeinplätze, wie sie mit einem Anschein von
Bedeutsamkeit nur auf einem Gebiete sich ausbreiten können,
auf welchem, wie auf dem der Musik, von jeher eben nur erst
noch gefaselt worden war, sobald darüber ästhetisiert wurde.
Es war gewiß kein Kunststück, auch für die Musik das "Schöne"
als Hauptpostulat hinzustellen: brachte der Autor dies in der
Art zu Stande, daß Alles über diese geniale Weisheit erstaunt,
so gelang nun aber auch das allerdings Schwerere, nämlich
die moderne jüdische Musik als die eigentliche "schöne" Musik
aufzustellen; und zur stillschweigenden Anerkennung dieses
Dogmas gelangte er ganz unvermerklich, indem er der Reihe
Haydns, Mozarts und Beethovens, so recht wie natürlich, Men-
delssohn anschloß, ja - wenn man seine Theorie vom "Schönen"
recht versteht, diesem Eetzteren eigentlich die wohltuende Be-
deutung zusprach, das durch seinen unmittelbaren Vorgänger,
Beethoven, einigermaßen in Konfusion geratene Schönheitsge-
webe glücklich wieder arrangiert zu haben. War Mendelssohn
so auf den Thron erhoben, was namentlich auch dadurch mit
Manier zu bewerkstelligen war, daß man ihm einige christliche
Notabilitäten, wie Robert Schumann, zur Seite stellte, so war
nun auch manches Weitere im Reiche der modernen Musik
noch glaublich zu machen. Vor Allem aber war jetzt der schon
angedeutete Hauptzweck der ganzen ästhetischen Unterneh-
mung erreicht: der Verfasser hatte sich durch sein geistreiches

25

Libell in allgemeinen Respekt gesetzt, und sich hierdurch eine
Stellung gemacht, welche ihm Bedeutung gab, wenn er, als
angestaunter Ästhetiker, nun im gelesensten politischen Blatte
auch als Rezensent auftrat, und jetzt mich und meine künstleri-
schen Leistungen für rein null und nichtig erklärte. Daß ihn
hierin der große Beifall, den meine Werke beim Publikum
fanden, gar nicht beirrte, mußte ihm nur einen um so größeren
Nimbus geben, und nebenbei erreichte er (oder auch: man
erreichte durch ihn), daß, wenigstens so weit als Zeitungen in
der Welt gelesen werden, eben dieser Ton über mich zum Stil
geworden ist, welchen überall anzutreffen Sie, verehrteste Frau,
so sehr verwunderte. Von Nichts als meiner Verachtung aller
großen Tonmeister, meiner Feindschaft gegen die Melodie, von
meinem greulichen Komponieren, kurz von "Zukunftsmusik",
war nur noch die Rede: von jenem Artikel über das Judentum
in der Musik tauchte aber nie wieder das Mindeste auf. Dieser
wirkte dagegen, wie an allen so seltsamen und plötzlichen
Bekehrungs werken zu ersehen ist, desto erfolgreicher im Gehei-
men: er ward das Medusenhaupt, das sofort Jedem vorgehalten
wurde, in welchem sich eine unbedachte Regung für mich
zeigte.

Wirklich nicht unbelehrend für die Kulturgeschichte unsrer
Tage dürfte es sein, diese sonderbaren Bekehrungswerke näher
zu verfolgen, da sich hierdurch auf dem bisher von den Deut-
schen so ruhmvoll eingenommenen Gebiete der Musik eine
seltsam verzweigte, und aus den unterschiedlichsten Elementen
zusammengefügte Partei begründet hat, welche sich Impotenz
und Unproduktivität gegenseitig geradesweges versichert zu
haben scheint.

Sie werden, verehrte Frau, nun zunächst zwar fragen, wie
es denn kam, daß die unleugbaren Erfolge, welche mir zu Teil
wurden, und die Ereunde, welche meine Arbeiten mir doch
ganz offenbar gewannen, in keiner Weise zur Bekämpfung jener
feindseligen Machinationen verwendet werden konnten?

Dies ist nicht ganz leicht und kürzlich zu beantworten.
Vernehmen Sie aber zunächst, wie es meinem größten Ereunde
und eifrigsten Eür-Streiter, Franz Liszt, erging. Gerade durch
das großherzige Selbstvertrauen, welches er in Allem zeigte,
lieferte er dem vorsichtig lauernden, und aus der geringfügigsten
Nebensächlichkeit Gewinn ziehenden Gegner solche Waffen,

26

wie gerade dieser sie brauchte. Was der Gegner so angelegentlich
wünschte, die Sekretierung der ihm so ärgerlichen Judentums-
frage, war auch Liszt angenehm, natürlich aber aus dem entge-
gengesetzten Grunde, einem ehrlichen Kunststreite eine erbit-
ternde persönliche Beziehung fernzuhalten, während Jenem
daran lag, das Motiv eines unehrlichen Kampfes, den Erklä-
rungsgrund der uns betreffenden Verleumdungen, verdeckt zu
halten. Somit blieb dieses Ferment der Bewegung auch unserer-
seits unberührt. Dagegen war es ein jovialer Einfall Liszts, den
uns beigelegten Spottnamen der "Zukunftsmusiker", in der Be-
deutung, wie dies einst von den "gueux" der Niederlande ge-
schah, zu akzeptieren. Geniale Züge, wie dieser meines Freun-
des, waren dem Gegner höchst willkommen: er brauchte nun
in diesem Punkte kaum mehr noch zu verleumden, und mit
dem "Zukunftsmusiker" war jetzt dem feurig lebenden und
schaffenden Künstler recht bequem beizukommen. Mit dem
Abfalle eines bisher warm ergebenen Freundes, eines großen
Violinvirtuosen, auf welchen das Medusenschild doch endlich
auch gewirkt haben mochte, trat jene wütende Agitation gegen
den nach allen Seiten hin großmütig unbesorgten Franz Liszt
ein, welche ihm endlich die Enttäuschung und Verbitterung
bereitete, in denen er seinen schönen Bemühungen, der Musik
in Weimar eine fördernde Stätte zu bereiten, für immer ein
Ziel steckte.

Sind Sie, verehrte Frau, nun über die Verfolgungen, denen
seinerseits unser großer Freund ausgesetzt war, weniger ver-
wundert, als über diejenigen, welche mich betroffen haben?
Vielleicht würde es Sie dann täuschen, daß Liszt allerdings
durch den Glanz seiner äußerlichen Künstlerlaufbahn den Neid,
namentlich der steckengebliebenen deutschen Kollegen, auf
sich gezogen hatte, außerdem aber durch sein Aufgeben der
Virtuosenlaufbahn, und durch sein bis dahin nur vorbereitetes
Auftreten als schaffender Tonsetzer, einen leicht auftauchen-
den, und daher vom Neide wiederum leicht zu nährenden
Zweifel an seiner Berufung hierzu, in ziemlich begreiflicher
Weise geweckt hat. Ich glaube jedoch mit Dem, was ich später
noch berühren werde, nachweisen zu können, daß im tiefsten
Grunde hier diese Zweifel nicht minder, als dort meine angeb-
lichen Theorien, eben nur den Vorwand zu dem Verfolgungs-
kriege abgaben: wie auf diese, so genügte es auf jene genauer

27

hinzublicken und sie, mit dem richtigen Eindrücke von unsrem
Schaffen, in Erwägung zu ziehen, so stand bald die Erage auf
einem ganz anderen Punkte; da konnte dann geurteilt, disku-
tiert, für und wider gesprochen werden: am Ende wäre Etwas
dabei herausgekommen. Aber gerade davon war nicht die Rede,
ja, eben dieses nähere Beachten der neuen Erscheinungen wollte
man nicht aufkommen lassen; sondern mit einer Gemeinheit
des Ausdruckes und der Insinuation, wie es sich in keinem
ähnlichen Ealle nur je gezeigt hat, ward in der großen weiten
Presse geschrien und getobt, daß an ein menschenwürdiges
Zuwortekommen gar nicht zu denken war. Und deshalb versi-
chere ich Sie: auch was Liszt widerfuhr, rührt von der Wirkung
jenes Artikels über das Judentum in der Musik her.

Auch uns ging dies jedoch nicht sobald auf. Es gibt zu
jeder Zeit so viele Interessen, welche zum Widerspruche gegen
neue Erscheinungen, ja zur äußersten Verketzerung alles darin
Enthaltenen bestimmen, daß auch wir hier eben nur mit der
Trägheit und gestörten Kunstgeschäftsbequemlichkeit zu tun
zu haben glauben konnten. Da die Anfeindungen sich vor
allem in der Presse, und zwar in der einflußreichen großen
politischen Zeitungspresse, kundgaben, vermeinten namentlich
diejenigen unsrer Ereunde, welche die hierdurch gestörte Un-
befangenheit des Publikums dem nun erfolgenden Auftreten
Liszts als Instrumentalkomponist gegenüber besorgt machte,
zur Gegenwirksamkeit schreiten zu müssen: einige Ungeschick-
lichkeiten abgerechnet, welche hierbei begangen wurden, zeigte
es sich aber bald, daß selbst die besonnenste Besprechung
einer Lisztschen Komposition keinen Zugang zu den größeren
Zeitungen fand, sondern daß hier Alles besetzt und im feindse-
ligen Sinne in Beschlag genommen war. Wer wird nun im
Ernste glauben wollen, daß sich in dieser Haltung der großen
Zeitungen eine Besorgnis des Schadens aussprach, welchen
etwa eine neue Kunstrichtung dem guten deutschen Kunstge-
schmacke bringen könnte? Ich erlebte es mit der Zeit, daß in
einem solchen geachteten Blatte es mir unmöglich werden sollte,
Offenbachs in der ihm gebührenden Weise zu erwähnen: wer
vermag hier an Sorge für den deutschen Kunstgeschmack zu
denken? So weit war es eben gekommen: wir waren von der
deutschen großen Presse vollständig ausgeschlossen. Wem ge-
hört aber diese Presse? Unsre Liberalen und Eortschrittsmänner

28

haben es empfindlich zu büßen, von den altkonservativen
Gegenparteien mit dem Judentum und seinen spezifischen In-
teressen in Einen Topf geworfen zu werden: wenn die römischen
Ultras fragen, wie denn eine nur von den Juden dirigierte
Presse berechtigt sein sollte, über christliche Kirchenangelegen-
heiten mitzusprechen, so liegt hierin ein fataler Sinn, der je-
denfalls sich auf die richtige Kenntnis der Abhängigkeitsver-
hältnisse jener großen Zeitungen stützt.

Das Sonderbare hierbei ist, daß diese Kenntnis auch Je-
dermann offenliegt; denn wer hat nicht seine Erfahrung davon
gemacht? Ich kann nicht beurteilen, wie weit dieses faktische
Verhältnis sich auch auf die größeren politischen Angelegen-
heiten erstreckt, wiewohl die Börse den Eingerzeig hierzu mit
ziemlicher Offenheit gibt: auf diesem, dem ehrlosesten Ge-
schwätze preisgegebenen Gebiete der Musik herrscht bei Ein-
sichtsvollen gar kein Zweifel, daß hier Alles einer höchst merk-
würdigen Ordensregel unterworfen ist, deren Befolgung in den
weitestverzweigten Kreisen, und mit der übereinstimmendsten
Genauigkeit, auf eine höchst energische Organisation und Lei-
tung schließen läßt. In Paris fand ich zu meinem Erstaunen,
daß namentlich auch diese sorgsamste Leitung gar kein Ge-
heimnis war: Jeder weiß dort die wunderlichsten Züge davon
zu berichten, namentlich in Betreff der bis in das Kleinlichste
gehenden Sorge, das Geheimnis, da es nun doch einmal durch
zu viele beteiligte Mitwisser der Unverschwiegenheit ausgesetzt
war, wiederum dadurch wenigstens vor öffentlicher Denunzia-
tion zu bewahren, daß auch jedes noch so winzige Löchelchen,
durch welches es in ein Journal dringen könnte, verstopft würde,
und sei dies selbst durch eine Visitenkarte im Schlüsselloche
eines Dachkämmerchens. Hier gehorchte denn auch Alles wie
in der bestdisziplinierten Armee während der Schlacht: Sie
lernten dieses gegen mich gerichtete Pelotonfeuer der Pariser
Presse kennen, welches die Sorge für den guten Kunstgeschmack
ihr kommandierte. - In London traf ich seinerzeit in diesem
Punkte größere Offenheit an. Überfiel mich der Musikkritiker
der Times (ich bitte zu bedenken, von welchem kolossalen
Weltblatte ich Ihnen hier erzähle!) bei meiner Ankunft sofort
mit einem Hagel von Insulten, so genierte Herr Davison sich
im Verlaufe seiner Ergießungen nicht weiter, mich, als Lästerer
der größten Komponisten ihres Judentums wegen dem öffentli-

29

eben Abscheu anzuempfehlen. Mit dieser Aufdeckung hatte er
allerdings bei dem englischen Publikum für sein Ansehen mehr
zu gewinnen, als zu verlieren, einerseits der großen Verehrung
wegen, welche Mendelssohn gerade dort genießt, andrerseits
vielleicht aber auch wegen des eigentümlichen Charakters der
englischen Religion, welche Kennern mehr auf dem Alten, als
auf dem Neuen Testamente zu fußen scheint. - Nur in Petersburg
und Moskau fand ich das Terrain der musikalischen Presse
von der Judenschaft noch vernachlässigt: dort erlebte ich das
Wunder, zum ersten Male auch von den Zeitungen ganz so
aufgenommen zu werden wie vom Publikum, dessen gute Auf-
nahme mir überhaupt die Juden nirgends noch hatten verder-
ben können, außer in meiner Vaterstadt Leipzig, wo das Publi-
kum mir einfach gänzlich wegblieb.

Durch die lächerlichen Seiten der Sache bin ich bei dieser
Mitteilung jetzt fast in einen scherzhaften Ton verfallen, den
ich nun aber aufgeben muß, wenn ich es mir gestatten will.
Sie, verehrte Frau, schließlich noch auf die sehr ernste Seite
derselben aufmerksam zu machen; und diese beginnt auch
vielleicht für Sie genau da, wo wir von meiner verfolgten Person
absehen, um die Wirkung jener merkwürdigen Verfolgung, so
weit sie sich auf unsren Kunstgeist selbst erstreckt, in das Auge
zu fassen.

Um diese Richtung einzuschlagen, habe ich zunächst mein
persönliches Interesse noch einmal im Besonderen zu berühren.
Ich sagte gelegentlich zuletzt, die von Seiten der Juden mir
widerfahrene Verfolgung habe bisher mir noch nicht das Pu-
blikum, welches überall mit Wärme mich aufnahm, entfremden
können. Dieses ist richtig. Jedoch muß ich dem nun hinzufügen,
daß jene Verfolgung allerdings geeignet ist, mir die Wege zum
Publikum, wenn nicht zu verschließen, so doch derart zu er-
schweren, daß endlich wohl auch nach dieser Seite hin der
Erfolg der feindlichen Bemühungen vollständig zu werden ver-
sprechen dürfte. Bereits erleben Sie, daß, nachdem meine frü-
heren Opern fast überall auf den deutschen Theatern sich Bahn
gebrochen haben und dort mit stetem Erfolge gegeben worden
sind, jedes meiner neueren Werke auf ein träges, ja feindselig
ablehnendes Verhalten dieser selben Theater stößt: meine frü-
heren Arbeiten waren nämlich schon vor der Judenagitation
auf die Bühne gedrungen, und ihrem Erfolge war nicht mehr

30

Viel anzuhaben. Nun aber hieß es, meine neuen Arbeiten seien
nach den von mir seitdem veröffentlichten "unsinnigen" Theo-
rien verfaßt, ich sei damit aus meiner früheren Unschuld gefal-
len, und kein Mensch könne meine Musik jetzt mehr anhören.
Wie nun das ganze Judentum nur durch die Benutzung der
Schwächen und der Fehlerhaftigkeit unsrer Zustände Wurzel
unter uns fassen konnte, so fand die Agitation auch hier sehr
leicht den Boden, auf welchem - unrühmlich genug für uns! -
Alles zu ihrem endlichen Erfolge vorgebildet liegt. In welchen
Händen ist die Leitung unsrer Theater, und welche Tendenz
befolgen diese Theater? Hierüber habe ich mich öfters und zur
Genüge ausgesprochen, zuletzt auch noch in meiner größeren
Abhandlung über Deutsche Kunst und deutsche Politik die
weitverzweigten Gründe des Verfalles unserer theatralischen
Kunst ausführlicher bezeichnet. Glauben Sie, daß ich damit
in den betreffenden Sphären mich beliebt gemacht hätte? Nur
mit größter Abneigung, sie haben dies bewiesen, gehen jetzt
die Administrationen der Theater an die Aufführung eines
neuen Werkes von mir"^: sie könnten aber hierzu
gezwungen werden durch die meinen Opern allgemein günstige
Haltung des Publikums; wie willkommen muß ihnen nun der
Vorwand sein, welcher so leicht sich daraus ziehen läßt, daß
meine neueren Arbeiten doch so allgemein in der Presse, und
noch dazu im einflußreichsten Teile derselben, bestritten wä-
ren? Hören Sie nicht schon jetzt aus Paris die Frage aufwerfen,
warum man denn das an und für sich so schwierige Wagnis
einer Übersiedelung meiner Opern nach Frankreich glaube be-
treiben zu müssen, da meine künstlerische Bedeutung ja nicht
einmal in der Heimat anerkannt sei? - Dieses Verhältnis er-
schwert sich nun aber um so mehr, als ich wirklich meine

4 Es wäre nicht unbelehrend und jedenfalls für unsre Kunstzustände
bezeichnend, wenn ich mich Ihnen über das Verfahren naher ausließe,
welches ich neuerdings, zu meinem wahren Erstaunen, von Seiten der beiden
größten Theater Berlins und Wiens, in Betreff meiner Meistersinger kennen
lernen mußte. Es bedurfte in meinen Verhandlungen mit den Leitern dieser
Hoftheater einiger Zeit, ehe ich aus den von ihnen hierbei angewendeten
Kniffen ersah, daß es ihnen nicht allein darum zu tun war, mein Werk
nicht geben zu dürfen, sondern auch zu verhindern, daß es auf anderen
Theatern gegeben werde. Sie würden daraus deutlich ersehen müssen, daß
es sich hierbei um eine wirkliche Tendenz handelt, und offenbar über das
Erscheinen eines neuen Werkes von mir ein wahrer Schrecken empfunden
wurde. Vielleicht unterhalt es Sie, auch hierüber einmal etwas Näheres aus
dem Bereiche meiner Erfahrungen zu vernehmen.

31

neueren Arbeiten keinem Theater anbiete, sondern im Gegenteil
mir Vorbehalten muß, bisher noch nie für nötig gehaltene
Bedingungen an meine etwa gewünschte Einwilligung zur Auf-
führung eines neuen Werkes zu knüpfen, nämlich die Erfüllung
von Eorderungen, welche mich einer wirklich korrekten Dar-
stellung desselben versichern sollen.^ Und hiermit berühre ich
denn nun die ernstlichste Seite des nachteiligen Erfolges der
Einmischung des jüdischen Wesens in unsre Kunstzustände.

In meinem voranstehenden älteren Aufsatze zeigte ich
schließlich, daß es die Schwäche und Unfähigkeit der nach-
beethovenschen Periode unsrer deutschen Musikproduktion
war, welche die Einmischung der Juden in dieselbe zuließ: ich
bezeichnete alle diejenigen unsrer Musiker, welche in der Ver-
wischung des großen plastischen Stiles Beethovens die Ingre-
dienzen für die Zubereitung der neueren gestaltungslosen, seich-
ten, mit dem Anscheine der Solidität matt sich übertünchenden
Manier fanden, und in dieser nun ohne Leben und Streben
mit duseligem Behagen so weiter hin komponierten, als in
dem von mir geschilderten Musikjudentum durchaus mitinbe-
griffen, möchten sie einer Nationalität angehören, welcher sie
wollten. Diese eigentümliche Gemeinde ist es, welche gegen-
wärtig so ziemlich Alles in sich faßt, was Musik komponiert
und - leider auch! - dirigiert. Ich glaube, daß Manche von
ihnen durch meine Kunstschriften ehrlich konfus gemacht und
erschreckt worden sind: ihre redliche Verwirrung und Betrof-
fenheit war es, welcher die Juden, im Zorn über meinen obigen
Artikel, sich bemächtigten, um jede anständige Diskussion mei-
ner anderweitigen theoretischen Thesen sofort abzuschneiden,
da zu der Möglichkeit einer solchen von Seiten ehrlicher deut-
scher Musiker anfänglich sich beachtenswerte Ansätze zeigten.
Mit den paar genannten Schlagwörtern ward jede befruchtende,
erklärende, läuternde und bildende Erörterung und gegenseitige
Verständigung hierüber niedergehalten. - Derselbe schwächli-
che Geist lebte nun aber, in Eolge der Verwüstungen, welche
die Hegelsche Philosophie in den zu abstrakter Meditation so
geneigten deutschen Köpfen angerichtet hatte, auch auf diesem.

5 Nur dadurch, daß ich, für jetzt aus notgedrungener Rücksicht auf meinen
Verleger, diese Forderungen fallen ließ, konnte ich neuerdings das Dresde-
ner Hoftheater zur Vornahme der Aufführung meiner Meistersinger bewe-
gen.

32

wie auf dem zu ihm gehörigen Gebiete der Ästhetik, nachdem
Kants große Idee, von Schiller so geistvoll zur Begründung
ästhetischer Ansichten über das Schöne benutzt, einem wüsten
Durcheinander von dialektischen Nichtssäglichkeiten Platz hat-
te machen müssen. Selbst von dieser Seite traf ich jedoch
anfänglich auf eine Neigung, mit redlichem Willen auf die in
meinen Kunstschriften niedergelegten Ansichten einzugehen.
Jenes erwähnte Libell des Dr. Hanslick in Wien über das
Musikalisch-Schöne, wie es mit bestimmter Absicht verfaßt
worden, ward aber auch mit größter Hast schnell zu solcher
Berühmtheit gebracht, daß es einem gutartigen, durchaus blon-
den deutschen Ästhetiker, Herrn Vischer, welcher sich bei der
Ausführung eines großen Systems mit dem Artikel Musik her-
umzuplagen hatte, nicht wohl zu verdenken war, wenn er sich
der Bequemlichkeit und Sicherheit wegen mit dem so sehr
gepriesenen Wiener Musikästhetiker assoziierte: er überließ
ihm die Ausführung dieses Artikels, von dem er Nichts zu
verstehen bekannte, für sein großes Werk. So saß denn die
musikalische Judenschönheit mitten im Herzen eines vollblütig
germanischen Systems der Ästhetik, was auch zur Vermehrung
der Berühmtheit seines Schöpfers um so mehr beitrug, als es
jetzt überlaut in den Zeitungen gepriesen, seiner großen Un-
kurzweiligkeit wegen aber von Niemand gelesen ward. Unter
der verstärkten Protektion durch diese neue, noch dazu ganz
christlich-deutsche Berühmtheit, ward nun auch die musikali-
sche Judenschönheit zum völligen Dogma erhoben; die eigen-
tümlichsten und schwierigsten Fragen der Ästhetik der Musik,
über welche die größten Philosophen, sobald sie etwas wirklich
Gescheites sagen wollten, sich stets nur noch mit mutmaßender
Unsicherheit geäußert hatten, wurden von Juden und übertöl-
pelten Christen jetzt mit einer Sicherheit zur Hand genommen,
daß demjenigen, der sich hierbei wirklich Etwas denken, und
namentlich den überwältigenden Eindruck der Beethovenschen
Musik auf sein Gemüt sich erklären wollte, etwa so zu Mute
werden mußte, als hörte er der Verschacherung der Gewänder
des Heilands am Euße des Kreuzes zu, - worüber der berühmte
Bibelforscher David Strauß vermutlich eben so geistvoll erläu-
ternd, wie über die neunte Symphonie Beethovens, sich auslas-
sen dürfte.

Dieses Alles mußte nun endlich den weitergehenden Erfolg

33

haben, daß, wenn im Gegensätze zu diesem ebenso rührigen,
als unproduktiven Getreibe, der Versuch zu einer Erkräftigung
des immer mehr erschlaffenden Kunstgeistes gemacht werden
sollte, wir nicht nur auf die natürlichen, zu jeder Zeit hiergegen
sich einstellenden Hindernisse, sondern auch auf eine vollstän-
dig organisierte Opposition trafen, als welche die in ihr begrif-
fenen Elemente sich sogar einzig nur tätig zu zeigen vermochten.
Schienen wir verstummt und resigniert, so ging nämlich im
andren Lager eigentlich gar Nichts vor, was wie ein Wollen,
Streben und Hervorbringen anzusehen war: vielmehr ließ man
gerade auch von Seiten der Bekenner der reinen Judenmusik-
schönheit Alles geschehen, und jede neue Kalamität ä La Offen-
bach über das deutsche Kunstwesen hereinbrechen, ohne sich
auch nur zu rühren, was Sie allerdings nun "selbstverständlich"
finden werden. Wurde dagegen Jemand, wie eben ich, durch
irgend eine ermutigende Gunst der Umstände veranlaßt, dar-
gebotene künstlerische Kräfte zur Hand zu nehmen, um sie zu
energischer Betätigung anzuleiten, so vernahmen Sie ja wohl,
verehrte Erau, welches Geschrei dies allseitig hervorrief? Da
kam Kraft und Eeuer in die Gemeinde des modernen Israel!
Vor Allem fiel hierbei stets auch die Geringschätzung, der
ganze uriehrerbietige Ton auf, welchen, wie ich glaube, nicht
nur die blinde Leidenschaftlichkeit, sondern die sehr hellse-
hende Berechnung der unvermeidlichen Wirkung davon auf
die Beschützer meiner Unternehmungen eingab; denn wer fühlt
sich nicht endlich von dem wegwerfenden Tone, mit welchem
allgemein über Denjenigen, dem man vor aller Welt wahre
Verehrung und hohes Vertrauen erweist, gesprochen wird, be-
troffen? Überall und in jedem Verhältnisse, welches zu kompli-
zierten Unternehmungen verwendet werden soll, sind die ganz
natürlichen Elemente der Mißgunst der Unbeteiligten (oder
auch der zu nahe Beteiligten) vorhanden: wie leicht wird es
nun durch jenes geringschätzige Benehmen der Presse diesen
Allen gemacht, das Unternehmen selbst im Auge seiner Gönner
bedenklich erscheinen zu lassen? Kann so Etwas einem vom
Publikum gefeierten Eranzosen in Erankreich, einem akkla-
mierten italienischen Tonsetzer in Italien begegnen? Was nur
einem Deutschen in Deutschland widerfahren konnte, war so
neu, daß die Gründe dafür jedenfalls erst zu untersuchen sind.
Sie, verehrte Erau, verwunderten sich darüber; die bei diesem

34

anscheinenden Kunstinteressenstreite übrigens Unbeteiligten,
welche sonst jedoch Grunde haben, Unternehmungen, wie sie
von mir ausgehen, zu verhindern,

verwundern sich aber nicht, sondern finden Alles recht natür-
lich.'’

Der Erfolg hiervon ist also: immer entschiedener durchge-
setzte Verhinderung jeder Unternehmung, welche meinen Ar-
beiten und meinem Wirken einen Einfluß auf unsre theatrali-
schen und musikalischen Kunstzustände verschaffen könnte.

Ist hiermit Etwas gesagt? - Ich glaube: Viel; und vermeine
hierbei ohne Anmaßung mich vernehmen zu lassen. Daß ich
meinem Wirken eine wesentliche Bedeutung beilegen darf, er-
sehe ich daraus, wie ernstlich es vermieden wird, auf diejenigen
meiner Veröffentlichungen einzugehen, zu welchen ich in die-
sem Betreff gelegentlich veranlaßt worden bin.

Ich erwähnte, wie anfänglich, ehe die so sonderbar ihren
Grund verheimlichende Agitation der Juden gegen mich eintrat,
die Ansätze zu einer ehrlich deutsch geführten Behandlung
und Erwägung der von mir in meinen Kunstschriften niederge-
legten Ansichten sich zeigten. Nehmen wir an, jene Agitation
wäre nun nicht eingetreten, oder sie hätte, wie billig, sich
ebenfalls offen und ehrlich auf ihre nächste Veranlassung be-
schränkt, so hätten wir uns wohl zu fragen, wie dann, nach
der Analogie gleichartiger Vorgänge im ungestörten deutschen
Kulturleben, die Sache sich gestaltet haben würde. Ich bin

6 Sie können sich hiervon, und von der Art, wie die zuletzt von mir
Bezeichneten, den in meinem Betreff aufgebrachten Ton des weiteren zu
den Zwecken der Verhinderung jedes meine Unternehmungen fördernden

Anteiles benutzen, einen recht genügenden Begriff verschaffen, wenn Sie
das Feuilleton der heurigen Neujahrsnummer der Süddeutschen Presse, wel-

che mir soeben aus München zugeschickt wird, zu durchlesen sich bemühen
wollen. Herr Julius Fröbel denunziert mich da dem bayerischen Staatswesen
ganz unbeirrt als den Gründer einer Sekte, welche den Staat und die Religion
abzuschaffen, dagegen alles Dieses durch ein Operntheater zu ersetzen und
von ihm aus zu regieren beabsichtigt, außerdem aber auch Befriedigung

«muckerhafter Gelüste« in Aussicht stellt. - Der verstorbene Hebbel be-
zeichnete mir einmal im Gespräche die eigentümliche Gemeinheit des Wiener
Komikers Nestroy damit, daß eine Rose, wenn dieser daran gerochen haben
würde, jedenfalls stinken müßte. Wie sich die Idee der Liebe, als Gesell-
schaftsgründerin, im Kopfe eines Julius Fröbel ausnimmt, erfahren wir
hier mit einem ähnlichen Effekt.- Aber begreifen Sie, wie sinnvoll so Etwas
wiederum auf die Erweckung des Ekels berechnet ist, mit welchem selbst

der Verleumdete sich von der Bestrafung des Verleumders abwendet?

35

nicht der optimistischen Meinung, daß hierbei sehr Viel her-
ausgekommen wäre; wohl aber wäre Etwas zu erwarten gewesen,
und jedenfalls etwas Anderes, als das eingetretene Ergebnis.
Verstehen wir es recht, so war, wie für die poetische Literatur,
auch für die Musik die Periode der Sammlung eingetreten, um
die Hinterlassenschaft der unvergleichlichen Meister, welche
in dicht an einander sich schließender Reihe die große deutsche
Kunstwiedergeburt selbst darstellen, zu einem Gemeingut der
Nation, der Welt verwerten zu sollen. In welchem Sinne diese
Verwertung sich bestimmen würde, das war die Erage. Am
Entscheidendsten gestaltete sie sich für die Musik: denn hier
war namentlich durch die letzten Perioden des Beethovenschen
Schaffens eine ganz neue Phase der Entwicklung dieser Kunst
eingetreten, welche alle von ihr bisher gehegten Ansichten
und Annahmen durchaus überbot. Die Musik war unter der
Eührung der italienischen Gesangsmusik zur Kunst der reinen
Annehmlichkeit geworden: die Eähigkeit, sich die gleiche Be-
deutung der Kunst Dantes und Michel Augelos zu geben, leugnete
man damit durchaus ab, und verwies sie somit in einen offenbar
niedereren Rang der Künste überhaupt. Es war daher aus dem
großen Beethoven eine ganz neue Erkenntnis des Wesens der
Musik zu gewinnen, die Wurzel, aus welcher sie gerade zu
dieser Höhe und Bedeutung erwachsen, sinnvoll durch Bach
auf Palestrina zu verfolgen, und somit ein ganz anderes System
für ihre ästhetische Beurteilung zu begründen, als dasjenige
sein konnte, welches sich auf die Kenntnisnahme einer von
diesen Meistern weit abliegenden Entwicklung der Musik stützte.

Das richtige Gefühl hiervon war ganz instinktiv in den
deutschen Musikern dieser Periode lebendig, und ich nenne
Ihnen hier Robert Schumann als den sinnvollsten und begabte-
sten dieser Musiker. An dem Verlaufe seiner Entwicklung als
Komponist läßt sich recht ersichtlich der Einfluß nachweisen,
welchen die von mir bezeichnete Einmischung des jüdischen
Wesens auf unsere Kunst ausübte. Vergleichen Sie den Robert
Schumann der ersten, und den der zweiten Hälfte seines Schaf-
fens: dort plastischer Gestaltungstrieb, hier Verfließen in
schwülstige Eläche bis zur geheimnisvoll sich ausnehmenden
Seichtigkeit. Dem entspricht es, daß Schumann in dieser zwei-
ten Periode mißgünstig, mürrisch und verdrossen auf Diejenigen
blickte, welchen er in seiner ersten Periode als Herausgeber

36

der Neuen Zeitschrift für Musik so warm und deutsch liebens-
würdig die Hand gereicht hatte. An der Haltung dieser Zeit-
schrift, in welcher Schumann (mit ebenfalls sehr richtigem
Instinkte) auch schriftstellerisch für die große uns obliegende
Aufgabe sich betätigte, können Sie gleichfalls ersehen, mit wel-
chem Geiste ich mich zu beraten gehabt hätte, wenn ich mit
ihm allein über die mich anregenden Probleme mich verstän-
digen sollte: hier treffen wir wahrlich auf eine andere Sprache,
als den endlich in unsre neue Ästhetik hinübergeleiteten dia-
lektischen Judenjargon, und - ich bleibe dabei! - in dieser
Sprache wäre es zu einem fördernden Einvernehmen gekom-
men. Was aber gab dem jüdischen Einflüsse diese Macht? Leider
ist eine Haupttugend des Deutschen auch der Quell seiner Schwä-
chen. Das ruhige, gelassene Selbstvertrauen, das ihm bis zum
Eernhalten alles peinigenden Seelenskrupels eigen bleibt, und
so manche innig treue Tat aus seiner ungestört sich gleichen
Natur hervortreibt, kann bei einem nur geringen Mangel an
nötigem Eeuer leicht zu jener wunderlichen Trägheit Umschla-
gen, in welche wir jetzt, unter der andauernden Verwahrlosung
aller höheren Anliegen des deutschen Geistes in den machtvol-
len politischen Sphären, die meisten, ja fast alle dem deutschen
Wesen ganz treu verbliebenen Geister versunken sehen. In diese
Trägheit versank auch Robert Schumanns Genius, als es ihn
belästigte, dem geschäftig unruhigen jüdischen Geiste Stand
zu halten; es war ihm ermüdend, an tausend einzelnen Zügen,
welche zunächst an ihn herantraten, sich stets deutlich machen
zu sollen, was hier vorging. So verlor er unbewußt seine edle
Ereiheit, und nun erleben es seine alten, von ihm endlich gar
verleugneten Ereunde, daß er als einer der Ihrigen von den
Musikjuden uns im Triumphe dahergeführt wird! Nun, verehrte
Ereundin, dies wäre, so denke ich, ein Erfolg, der Etwas zu
sagen hat? Seine Vorführung erspart uns jedenfalls die Beleuch-
tung geringfügigerer Unterjochungsfälle, welche in Eolge dieses
wichtigsten immer leichter hervorzurufen waren.

Diese persönlichen Erfolge vervollständigen sich aber auf
dem Gebiete des Assoziations- und Gesellschaftswesens. Auch
hier zeigte sich der deutsche Geist noch seiner Anlage gemäß
zur Betätigung angeregt. Die Idee, welche ich Ihnen als die
Aufgabe unsrer nachbeethovenschen Periode bezeichnete, ver-
einigte auch wirklich zum ersten Mal eine immer größere Anzahl

37

deutscher Musiker und Musikfreunde zu Zwecken, welche ihre
natürliche Bedeutung durch das Erfassen jener Aufgabe erhiel-
ten. Es ist dem trefflichen Eranz Brendel, der auch hierzu mit
treuer Ausdauer die Anregung gab, und welchem dafür gering-
schätzig zu begegnen zum Ton der Judenblätter wurde, zum
wahren Ruhme anzurechnen, nach dieser Seite hin das Nötige
ebenfalls erkannt zu haben. Das Gebrechen alles deutschen
Assoziationswesens mußte aber auch hier um so eher sich
heraussteilen, als mit einem Vereine deutscher Musiker nicht
etwa nur den machtvollen Sphären der staatlichen, von den
Regierungen geleiteten Organisationen, wie mit anderen, zu
gleicher Wirkungslosigkeit verurteilten freien Vereinigungen es
der Eall ist, sondern dabei noch den Interessen der allermäch-
tigsten Organisation unsrer Zeit, der des Judentums, entgegen-
getreten wurde. Offenbar konnte ein großer Verein von Musikern
nur auf dem praktischen Wege vorzüglichster Musteraufführun-
gen für die Ausbildung des deutschen Musikstiles wichtiger
Werke eine erfolgreiche Betätigung ausüben; hierzu gehörten
Mittel; der deutsche Musiker ist aber arm: wer wird ihm helfen?
Gewiß nicht das Reden und Disputieren über Kunstinteressen,
welches unter Vielen nie einen Sinn haben kann, und leicht
zum Lächerlichen führt.

Jene uns fehlende Macht gehörte aber dem Judentum. Die
Theater den Junkern und dem Kulissenjux, die Konzertinstitute
den Musikjuden: was blieb uns da noch übrig? Etwa ein kleines
Musikblatt, das über den Ausfall der allzweijährlichen Zusam-
menkünfte Bericht gab.

Wie Sie sehen, verehrte Erau, bezeuge ich Ihnen hiermit den
vollständigen Sieg des Judentums auf allen Seiten; und wenn
ich mich jetzt noch einmal laut darüber ausspreche, so geschieht
dies wahrlich nicht in der Meinung, ich könnte der Vollstän-
digkeit dieses Sieges noch in Etwas Abbruch tun. Da nun an-
drerseits meine Darstellung des Verlaufes dieser eigentümlichen
Kulturangelegenheit des deutschen Geistes zu besagen scheint,
dieses sei das Ergebnis der durch meinen früheren Artikel
unter den Juden hervorgerufenen Agitation, so läge Ihnen viel-
leicht auch die neue verwunderungsvolle Erage darnach nicht

38

fern, warum ich denn durch jene Herausforderung eben diese
Agitation als Reaktion hervorgerufen hätte?

Ich könnte mich hierfür damit entschuldigen, daß ich zu
diesem Angriffe nicht durch Erwägung der "causa finalis",
sondern einzig durch den Antrieb der "causa efficiens" (wie
der Philosoph sich ausdrückt) bestimmt worden sei. Gewiß
hatte ich schon bei der Abfassung und Veröffentlichung jenes
Aufsatzes Nichts weniger im Sinne, als den Einfluß der Juden
auf unsre Musik mit Aussicht auf Erfolg noch zu bekämpfen:
die Gründe ihrer bisherigen Erfolge waren mir damals bereits
so klar, daß es mir jetzt, nach über achtzehn Jahren, gewisser-
maßen zur Genugtuung dient, durch die Wiederveröffentlichung
desselben dieses bezeugen zu können. Was ich damit bezwecken
wollte, könnte ich daher nicht klar bezeichnen, dagegen nur
eben mich darauf berufen, daß die Einsicht in den unvermeid-
lichen Verfall unsrer Musikzustände mir die innere Nötigung
zur Bezeichnung der Ursachen davon auferlegte. Vielleicht lag
es aber doch auch meinem Gefühle nahe, eine hoffnungsreiche
Annahme noch damit zu verbinden: dies enthüllt Ihnen die
Schlußapostrophe des Aufsatzes, mit welcher ich mich an die
Juden selbst wende.

Wie nämlich von humanen Ereunden der Kirche eine heil-
same Reform derselben durch Berufung an den unterdrückten
niederen Klerus als möglich gedacht worden ist, so faßte auch
ich die großen Begabungen des Herzens wie des Geistes in das
Auge, die aus dem Kreise der jüdischen Sozietät mir selbst zu
wahrer Erquickung entgegengekommen sind. Gewiß bin ich
auch der Meinung, daß Alles, was das eigentliche deutsche
Wesen von dorther bedrückt, in noch viel schrecklicherem
Maße auf dem geist- und herzvollen Juden selbst lastet. Mich
dünkt es, als ob ich damals Anzeichen davon wahrnahm, daß
meine Anrufung Verständnis und tiefe Erregung hervorgerufen
hatte. Ist Abhängigkeit in jeder Lage ein großes Übel und Hin-
dernis der freien Entwicklung, so scheint die Abhängigkeit der
Juden unter sich aber ein knechtisches Elend von alleräußerster
Härte zu sein. Es mag dem geistreichen Juden, da man nun
einmal nicht nur mit uns, sondern in uns zu leben sich ent-
schlossen hat, von der aufgeklärteren Stammgenossenschaft
Vieles gestattet und nachgesehen werden: die besten, so sehr
erheiternden Judenanekdoten werden von ihnen uns erzählt;

39

auch nach anderen Seiten hin, über uns, wie über sich, kennen
wir sehr unbefangene, und somit jedenfalls erlaubt dünkende
Auslassungen von ihnen. Aber einen vom Stamme Geachteten
in Schutz zu nehmen, das muß jedenfalls den Juden als gera-
desweges todeswürdiges Verbrechen gelten. Mir sind hierüber
rührende Erfahrungen zu Teil geworden. Um Ihnen aber diese
Tyrannei selbst zu bezeichnen, diene ein Fall für viele. Ein
offenbar sehr begabter, wirklich talent- und geistvoller Schrift-
steller jüdischer Abkunft, welcher in das eigentümlichste deut-
sche Volksleben wie eingewachsen erscheint, und mit dem ich
längere Zeit auch über den Punkt des Judentums mannigfach
verkehrte, lernte späterhin meine Dichtungen: Der Ring des
Nibelungen und Tristan und Isolde kennen; er sprach sich
darüber mit solch anerkennender Wärme und solch deutlichem
Verständnis aus, daß die Aufforderung meiner Freunde, zu
welchen er gesprochen hatte, wohl nahe lag, seine Ansicht
über diese Gedichte, welche von unsren literarischen Kreisen
so auffallend ignoriert würden, auch öffentlich darzulegen. Dies
war ihm unmöglich!

Begreifen Sie, verehrte Frau, aus diesen Andeutungen, daß,
wenn ich auch diesmal nur Ihrer Frage nach dem rätselhaften
Grunde der mir widerfahrenden Verfolgungen, namentlich der
Presse, antwortete, ich meiner Antwort dennoch vielleicht nicht
diese, fast ermüdende, Ausdehnung gegeben haben würde, wenn
nicht auch heute noch eine, allerdings fast kaum auszuspre-
chende, im tiefsten Sinne mir liegende Hoffnung mich dabei
angeregt hätte. Wollte ich dieser einen Ausdruck geben, so
durfte ich sie vor Allem nicht auf eine fortgesetzte Verheimli-
chung meines Verhältnisses zu dem Judentum begründet er-
scheinen lassen: diese Verheimlichung hat zu der Verwirrung
beigetragen, in welcher sich heute fast jeder für mich teilneh-
mende Freund mit Ihnen befindet. Habe ich hierzu durch
jenen früheren Pseudonym Anlaß, ja dem Feinde das strategi-
sche Mittel zu meiner Bekämpfung an die Hand gegeben, so
mußte ich nun auch für meine Freunde Dasselbe enthüllen,
was Jenen nur zu wohl bekannt war. Wenn ich annehme, daß
nur diese Offenheit auch Freunde im feindlichen Fager, nicht
sowohl mir zuführen, als zum eigenen Kampfe für ihre wahre
Emanzipation stärken könne, so ist es mir vielleicht zu verzei-

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hen, wenn ein umfassender kulturhistorischer Gedanke mir
die Beschaffenheit einer Illusion verdeckt, welche unwillkürlich
sich in mein Herz schmeichelt. Denn über Eines bin ich mir
klar: so wie der Einfluß, welchen die Juden auf unser geistiges
Leben gewonnen haben, und wie er sich in der Ablenkung
und Eälschung unsrer höchsten Kulturtendenzen kundgibt,
nicht ein bloßer, etwa nur physiologischer Zufall ist, so muß
er auch als unleugbar und entscheidend anerkannt werden.
Ob der Verfall unsrer Kultur durch eine gewaltsame Auswerfung
des zersetzenden fremden Elementes aufgehalten werden könne,
vermag ich nicht zu beurteilen, weil hierzu Kräfte gehören
müßten, deren Vorhandensein mir unbekannt ist. Soll dagegen
dieses Element uns in der Weise assimiliert werden, daß es
mit uns gemeinschaftlich der höheren Ausbildung unsrer edle-
ren menschlichen Anlagen zureife, so ist es ersichtlich, daß
nicht die Verdeckung der Schwierigkeiten dieser Assimilation,
sondern nur die offenste Aufdeckung derselben hierzu förderlich
sein kann. Sollte von dem, unsrer neuesten Ästhetik nach, so
harmlos annehmlichen Gebiete der Musik aus von mir eine
ernste Anregung hierzu gegeben worden sein, so würde dies
vielleicht meiner Ansicht über die bedeutende Bestimmung
der Musik nicht ungünstig erscheinen; und jedenfalls würden
Sie, hochverehrte Erau, hierin eine Entschuldigung dafür er-
kennen dürfen, daß ich Sie so lange von diesem anscheinend
so abstrusen Thema unterhielt.

Tribschen bei Luzern, Neujahr (1869)

Richard Wagner.

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